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Richard O’Barry war noch nie so glücklich in seinem Leben gewesen. Als junger Mann arbeitete er für das Miami Sea Aquarium, einem großen Freizeitpark im Süden Floridas, er war dort für die berühmte Delfin-Show zuständig. Er liebte nichts mehr als mit Delfinen zu arbeiten. Stundenlang lag Richard O’Barry mit Tauchanzug und Atemgerät auf dem Boden des Delfinbeckens und sah den Tieren beim Schwimmen zu. Er aß mit ihnen und schlief mit ihnen ein. Zu diesem Traumberuf kam auch noch eine zusätzliche Betätigung dazu, denn für die „Flipper“ Serie wurde ein geeigneter Delfintrainer gesucht. Und Richard O’Barry war wie geschaffen für diesen Job, denn durch seine Arbeit als Delfintrainer hatte keiner mehr Erfahrung als er.

Gedreht wurde die meiste Zeit in einem kleinen Salzwassersee, der sich direkt auf dem Gelände des Freizeitparks befand. Insgesamt wurde mit fünf verschiedenen Delfinen gleichzeitig gedreht. Die Tiere machten die Kunststücke aber nur, wenn sie hungrig waren und man sie mit Essen belohnte. Wenn ein Delfin keinen Hunger mehr hatte und satt war, machte er auch keine Kunststücke mehr, und man brauchte den nächsten Delfin. Aber die lustige Filmfigur Flipper existierte nur in der Phantasie der Menschen, in Wahrheit litten die Delfine unter großem Stress und der Gefangenschaft. Richard O’Barry merkte, dass mit zunehmender Dauer der Fernsehserie etwas nicht stimmte und die Delfine immer nervöser wurden. Deshalb zog er ganz in das Seaquarium, um jeden Tag bei seinen Delfinen zu sein, ganz besonders aber bei Kathy, dem Delfin mit der meisten Intelligenz und dem meisten Filmeinsatz. Mit ihr verband er eine besondere Freundschaft, denn von klein auf arbeitete er mit Kathy zusammen und sie war besonders zutraulich und kontaktfreudig in seiner Gegenwart.

Foto von Altairisfar

Als die Dreharbeiten zu Flipper beendet waren, wurde Richard O’Barry plötzlich in das Delfinarium gerufen, weil es Kathy sehr schlecht ging. Dort angekommen konnte er es nicht fassen, denn Kathy lag an der Wasseroberfläche und bewegte sich kaum. Sofort sprang er in das Becken um nach ihr zu sehen. Der Delfin erkannte ihren vertrauten Freund und schwamm langsam in seine Arme. Und was dann folgen sollte, würde das Leben von Richard O’Barry nachhaltig für immer verändern. In seinen Armen stellte Kathy die Atmung ein und sank einsam auf den Boden des Beckens. Delfine atmen nicht automatisch wie Menschen, jeder Atemzug wird bewusst und überlegt ausgeführt. Kathy konnte das Leben in Gefangenschaft nicht mehr ertragen und wollte nicht mehr leben. Richard O’Barry wurde bewusst, dass sie sich für ihn und für die Show geopfert hatte. Seine Vermutung wurde durch diesen Todesfall schreckliche Gewissheit und ihm wurde klar, dass Delfine nicht in Gefangenschaft gehörten. Sein Leben änderte er nun radikal, anstatt Delfine zu fangen und zu trainieren, wollte er die Gefangenschaft von Delfinen boykottierten. Diesen Eid schwor er sich seit dem Tag, an dem seine geliebte Kathy starb.

Richard O’Barry: „Sie kam zu mir in die Arme, wir berührten uns einen Moment. Dann spürte ich, wie das Leben aus ihr wich. Als Kathy in meinen Armen starb, starb auch ein Teil von mir, es brach mir das Herz“

Die Zeiten waren schwierig, denn durch die Flipper-Filme waren viele zusätzliche Delfinarien entstanden und Delfin-Shows wurden immer populärer. Aber Richard O’Barry kämpfte verbissen um die Freiheit der intelligenten Tiere. Er startete eine Kampagne gegen die inzwischen mächtige Delfin-Gefangenschafts-Industrie und rief die Leute dazu auf, keine Delfin-Shows mehr zu besuchen und diese zu boykottieren. Sein immenses Wissen darüber, wie Delfine behandelt und trainiert wurden, verhalf ihm zu weltweiten Vorträgen, wo er die Wahrheit an die Öffentlichkeit brachte. Zahlreiche Skandale deckte er durch unermüdliche Aufdeckungsarbeit auf, was sich aber jedes Jahr in Japan abspielen sollte, war selbst für Richard O’Barry, der schon viele Misshandlungen miterlebt hatte, nicht zu fassen.


Im japanischen Küstenort Taiji (rund 700 Kilometer südlich von Tokio) werden im September jeden Jahres tausende Delfine in eine versteckte Bucht getrieben. Die schönsten Tiere werden aussortiert und für bis zu 150.000 Euro an Vergnügungsparks auf der ganzen Welt verkauft. Die restlichen Delfine werden abgeschirmt durch Sichtschutzbarrieren mit ungeheurem Lärm zusammengetrieben. Dann beginnt das große Massaker. Mit Fischerhaken und Lanzen wird wahllos auf die hilflosen Tiere eingestochen um sie zu töten. Die verwirrten Delfine springen immer wieder verzweifelt in die Luft, um den Stichen zu entgehen, nur um sich dann schwerverletzt im Treibnetz wieder zu verfangen. Tausende wehrlose Tiere werden abgeschlachtet und gefoltert, so lange bis kein Tier mehr am Leben ist und sich das Wasser in der Bucht rot färbt.

Die milliardenschwere Delfin-Industrie unterstützt diese Treibjagd und die Fischer, das Delfinfleisch wird dann an die Lebensmittelhändler in Japan weiterverkauft. Unter Lebensgefahr zeigte Richard O’Barry in dem Dokumentarfilm „Die Bucht“ diese Missstände auf und brachte die schrecklichen Bilder ins Kino. Erwachsene fingen aufgrund der ungeheuren Tierquälerei zu weinen an, Kindern war der Streifen gar nicht zuzumuten. Richard O’Barry schaffte es zumindest, einen kleinen Teil der Menschen und die Fisch-Industrie zum Umdenken zu bewegen.

Richard O’Barry: „Die Leute sollen einfach die Wahrheit erfahren“

Es ist traurige Wahrheit, dass jeder natürliche Instinkt eines Delfins in der Gefangenschaft unterdrückt wird. Eingepfercht in engen Wasserbecken können sie ihre Schwimm- und Jagdinstinkte hier nicht ausleben. Durch die Art wie der Unterkiefer eines Delfins geformt ist, wird es von der Delfin-Industrie als „Lächeln“ verkauft, um die Idee zu erzeugen, dass Delfine es genießen, in Schwimmbecken zu leben und die Leute zu unterhalten. Delfinen wird aber vor der Show das Essen vorenthalten, um sicher zu stellen, dass sie alles tun werden, was die Trainer von ihnen abverlangen. Obwohl man bei jedem Delfin das so genannte „Lächeln“ erkennt, verbirgt dies oft nur Depressionen und Traurigkeit. Es ist eine der gefährlichsten Lügen, dass Delfine als dauerlächelnder Freund des Menschen glücklich in Delfinarien leben können.

Richard O’Barry konnte lange nicht über den Selbstmord seines geliebten Delfins reden, zu tief saß der Schock. Selbst heute fällt es ihm schwer, über den tragischen Tod von Kathy zu sprechen.

Aber diese Tragödie verhalf später vielen Delfinen zur Freiheit. Auch deshalb, weil sich Richard O’Barry noch immer mitschuldig am Tod seines damaligen Stars fühlt. Er ist der meistgehasste Mann der Delfin-Industrie und wurde schon mehrmals bedroht. Aber Richard O’Barry lässt sich nicht einschüchtern und kämpft bis heute unermüdlich für die Rechte der Delfine.

Richard O’Barry: „Es ist jedes Mal ein Glücksgefühl, Delfinen ihre Freiheit zurückzugeben und zu wissen, dass die Tiere nicht mehr Qualen erleiden müssen“

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