Lesezeit: ca. 6 Minuten

Beate Köstlin wurde am 25. Oktober 1919 in Wargenau (Ostpreußen) geboren und war ein sehr aufgewecktes Mädchen. Ihre Eltern verhalfen ihr in verschiedenen Internaten zu einer guten Schulbildung und unterstützten Beate, wo sie nur konnten. Durch die aufgeklärte Erziehung bereits in jungen Jahren erkannte Beate, dass man auch Regeln brechen musste, um seine Träume verwirklichen zu können. Diese Regeln brach sie zum ersten Mal, als sie ihren Eltern mitteilte, dass sie Pilotin werden wollte, ein vor allem von Männern ausgeübter Beruf. Der Bruder von Beate hatte ihr die Sage von Ikarus und dem Traum vom Fliegen erzählt, und seitdem war sie so fasziniert vom Fliegen gewesen, dass sie nicht einmal daran dachte, einen typischen Frauenberuf zu erlernen, wie es in der damaligen Zeit eigentlich üblich war.

So besuchte sie gegen den Willen ihrer Eltern die Pilotenschule und schaffte durch ihre Unerschrockenheit im Alter von 18 Jahren den Pilotenschein. Von nun war die junge Frau nicht mehr zu bremsen, ihr fliegerisches Talent wurde bald überall anerkannt und sie machte verschiedene Zusatzausbildungen. In dieser Zeit lernte sie auch ihre große Liebe kennen, den Fluglehrer Hans-Jürgen Uhse, den sie auch heiratete. Das Liebesglück schien perfekt, als 1943 ihr Sohn Klaus zur Welt kam, aber Beate hatte schon bald einen schweren Schicksalsschlag zu verkraften, denn ihr Mann kam im 2.Weltkrieg ums Leben.


Sie selber musste nicht direkt an Kampfeinsätzen teilnehmen, sondern überführte neue oder reparierte Flugzeuge. Sie geriet aber dennoch immer wieder unter feindlichen Beschuss, den sie aber durch ihr fliegerisches Talent abzuwehren wusste. Als 1945 Berlin von den sowjetischen Truppen umschlossen war, schaffte sie es im letzten Moment ihren Sohn und das Kindermädchen zu retten, und flüchtete mit einem der letzten Flugzeuge aus dem Kriegsgebiet. Wagemutig wich sie den Alliierten Fliegern aus, die sie mit Sicherheit einfach abgeschossen hätten. Nach der Landung wurde sie zwar von einrückenden britischen Truppen festgenommen, aber bald darauf wieder freigelassen. Der 2.Weltkrieg war nun vorbei, aber Beate Uhse hatte so gut wie alles verloren. Ihr Mann war tot, finanziell war sie am Boden, und als Draufgabe konnte sie nicht mehr als Pilotin arbeiten, da die Besatzungsmächte alle fliegerischen Tätigkeiten verboten hatten. Aber Beate Uhse war eine Kämpfernatur und blickte auch in dieser schweren Zeit und als alleinerziehende Mutter immer nach vorne.

Die junge Witwe ging mit ihrem Sohn nach Flensburg (Deutschland), wo sie in der schwierigen Nachkriegszeit so wie viele andere Menschen ums Überleben kämpfte. Als Handelsvertreterin marschierte sie von Haus zu Haus und versuchte diverse Produkte zu verkaufen, um sich und ihren Sohn über Wasser zu halten. Durch diese Tätigkeit lernte sie nebenbei die Zwangslage vieler Hausfrauen kennen, denn viele Familien hatten damals Angst, Kinder zu bekommen. In dieser Zeit bedeuteten Kinder eine schwere wirtschaftliche Belastung, da viele Menschen keine Arbeit und auch kein Geld für die Versorgung der Kinder hatten. Aber die Kriegsrückkehrer wie auch die Frauen hatten ein Bedürfnis nach Sexualität, und viele Schwangerschaften mussten daher unter Todesgefahr illegal abgebrochen werden. Beate Uhse nahm sich diese Probleme zu Herzen und sammelte Informationen über verschiedene Verhütungsmethoden. Bald stieß sie auf eine geeignete Verhütungsmethode, die beschrieb, wie Frauen ihre fruchtbaren und unfruchtbaren Tage bestimmen konnten.

Beate Uhse: „Den Leuten waren die Fakten des Lebens unbekannt“


Beate Uhse schrieb eine selbstverfasste Broschüre darüber und es herrschte bald eine ungeheure Nachfrage danach. Nach kurzer Zeit verkaufte sie bereits mehr als 30.000 Stück, sie hatte genau den Nerv der Zeit getroffen. Plötzlich schrieben ihr Menschen aus ganz Deutschland Briefe, um Ratschläge bezüglich Sexualität und Erotik einzuholen und es zeigte sehr deutlich, dass hier großer Nachholbedarf nach dem Krieg herrschte. Beate Uhse verstand es, die Bedürfnisse der Menschen zu verstehen, und gründete mit vier Angestellten das „Versandhaus Beate Uhse“. Die kleine Firma wuchs immer weiter, es wurden zusätzlich Bücher zum Thema Sexualität und auch Kondome verkauft. Aber trotz des florierenden Geschäftes hatte sie immer wieder mit großen Problemen zu kämpfen, denn keiner wollte ihr Kredite geben, weil die Gesellschaft in der damaligen Zeit immer noch sehr abweisend gegenüber ihr Geschäft reagierte. Beate Uhse hatte mit tausenden Anzeigen von konservativen Bürgern zu kämpfen, denen Beate mit ihrer Freizügigkeit ein Dorn im Auge war.

Beate Uhse: „Welche Bank gibt einer Frau schon einen Kredit, wenn sie mit Präservativen handelt?“

Trotz der Hindernisse glaubte Beate Uhse an ihre Firma und baute ihr Geschäft immer weiter aus. So stellte sie sich gegen die überwiegende Mehrheit und eröffnete 1962 in Flensburg den ersten Sex-Shop der Welt, 1967 hatte das Unternehmen bereits mehr als zwei Millionen Kunden. Später stieg Beate Uhse auch in das Film- und Videogeschäft für Erotik- und Pornofilme ein und dehnte den Versandhandel auf diverse Sex- und Erotikartikel aus. Das Geschäft entwickelte sich prächtig und mittlerweile gab es bereits Millionenumsätze auf der ganzen Welt. Beate Uhse hatte es geschafft, sie formte ihr eigenes Unternehmen zu einem der größten Erotikkonzerne auf der ganzen Welt.

Beate Uhse zeigte in ihrem Leben immer wieder Ausdauer und Entschlossenheit und ließ sich nie von ihrem eingeschlagenen Weg abbringen. Niemand traute ihr in der damaligen Zeit zu, Pilotin zu werden, und sie wurde Pilotin. In einer Zeit, in der niemand über Aufklärung auch nur reden wollte, ging sie genau in die andere Richtung und gründete im Alleingang trotz vieler Widerstände ein Erotikunternehmen. Beate Uhse wurde zu einer der wichtigsten Personen der sexuellen Aufklärung im deutschsprachigen Raum und erhielt dafür 1989 das Bundesverdienstkreuz.

Beate Uhse starb am 16. Juli 2001 an den folgen einer schweren Lungenentzündung. Sie zeigte uns, dass man sich nicht nur auf andere Meinungen und Einstellungen verlassen sollte, sondern dass man immer auf seine eigene Stimme hören sollte. Jeder kann alles aus seinem Leben machen, wenn er nur stark daran glaubt.

Beate Uhse: „Der kostbarste Besitz der Frau ist die Phantasie des Mannes“