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Kein Wasser, kein Licht, kein Strom. Mit Zeitungen zugedeckt liegen Leichen auf den Bürgersteigen. Kot und Abfälle stapeln sich zu Haufen. Zerlumpte, ausgezehrte und kranke Menschen wandeln ferngesteuert durch die Gassen. Überall Gestank, Lärm und fürchterliches Geschrei. Wir befinden uns im Warschauer Ghetto in Polen, wo Juden 1940 auf engstem Raum zusammengetrieben werden. Menschen verhungern qualvoll, sterben durch Seuchen oder werden von deutschen Wachen erschlagen und erschossen. Inmitten von Schutt und Asche erklingen zarte Kinderstimmen, die um Hilfe flehen. Diese dringen tief in die Seele einer Frau, die den Mut aufbringt, auf ihr Herz zu hören: Irena Sendler.


Irena verschafft sich getarnt als „Krankenschwester zur Seuchenbekämpfung“ Zugang zur abgeriegelten Hölle. Heimlich versorgt sie die Hilfsbedürftigen mit Kleidung, Medikamenten und Nahrung. Nebenbei beginnt Irena, Kinder aus dem Ghetto zu schmuggeln. Versteckt in Koffern und Säcken oder durch Abwasserkanäle bringt sie Kinder in Sicherheit, um sie mit gefälschten Dokumenten in polnischen Familien, Klöstern und Waisenhäusern unterzubringen. Das jüngste Kind ist sechs Monate alt, welches in einem Sanitätsfahrzeug und versteckt in einer Holzkiste aus dem Ghetto transportiert wird. Ein Silberlöffel mit eingraviertem Namen und Geburtsdatum ist der einzige Hinweis auf die Herkunft des kleinen Mädchens. Die Eltern können sich nur schwer trennen, aber es ist eine gute Entscheidung – denn sie werden den Krieg nicht überleben.

Irena Sendler: „Die Straßen waren voll von bettelnden Kindern, häufig nur noch kleine, mit Zeitungen bedeckte Leichen“

Irena errichtet ein geheimes Netzwerk, um Minderjährige vor der Grausamkeit des Krieges zu schützen. Sie geht großes Risiko ein, da jede Hilfeleistung für Juden mit dem Tod bestraft wird. Als immer mehr Menschen, ganze Familien mit ihren Kindern, aus dem Ghetto in das Vernichtungslager Treblinka deportiert werden, kämpft Irena verzweifelt um jede Seele. Sie weiß: Die Gaskammern kennen keine Gnade!


Irena Sendler: „Ich habe schon als Kind gelernt, dass man Ertrinkende retten muss, unabhängig von ihrer Religion oder Nationalität“

Eines Tages hämmert es an der Wohnungstür von Irena. Geräusche von eisenbeschlagenen Stiefeln und scharfem Befehlston lassen sie zusammenzucken. Die schlimmsten Befürchtungen bewahrheiten sich: Irena ist aufgeflogen. Sie wird von der Geheimpolizei verhaftet und zum Tode verurteilt. Unter schwerster Folter versucht man, die Namen und Verstecke der geretteten Kinder aus ihr herauszubekommen. Man bricht ihr Beine und Füße – doch Irena verrät kein einziges Kind. Auf dem Weg zur Hinrichtung schaffen es ihre Unterstützer im letzten Moment, einen Wachmann zu bestechen. Dieser schlägt sie nieder und lässt sie am Straßenrand liegen. Offiziell wird sie für tot erklärt. Irena ändert ihre Identität und lebt bis zum Ende des Krieges unter falschem Namen im Untergrund.

Im Vernichtungslager Treblinka wurden etwa eine Million Juden ermordet. Irena rettete durch ihr mutiges Handeln 2500 Kindern das Leben. Sie stellte sich jeden Tag dem Tod, damit andere Menschen leben konnten. Die Überlebensliste mit den Namen aller Kinder wurde von den Nazis nie gefunden. Irena hatte sie in Einmachgläsern unter einem Apfelbaum vergraben. Dies ermöglichte eine spätere Zusammenführung der Kinder mit ihren Eltern – für diejenigen, die noch am Leben waren.

Irena litt ein Leben lang unter den Spätfolgen der Folterungen, trotzdem blieb sie immer fröhlich und optimistisch. Sie wurde in den dunkelsten Stunden zu einem Symbol für das Gute. Die Welt ist zwar nicht perfekt, aber mit Liebe, Toleranz und Hilfsbereitschaft können wir einen Unterschied ausmachen – egal wie trostlos die Situation erscheint.

Irena Sendler: „Jedes mit meiner Hilfe gerettete Kind ist eine Rechtfertigung meiner Existenz auf dieser Erde“

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Einzelnachweise (abgerufen am 15.04.2021):
1. www.tri-mag.de – www.taz.de – Ich wollte alles über Irena erfahren!
2. www.deutschlandfunk.de – Die Retterin von 2.500 jüdischen Kindern
3. www.abcnews.go.com – Holocaust Hero Turns 97
4. wikipedia.org – Irena Sendler
5. wikipedia.org – Warschauer Ghetto
6. wikipedia.org – Vernichtungslager Treblinka