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Am 13. Oktober 1977 wurde das deutsche Lufthansa-Flugzeug „Landshut“ von einem palästinensischen Terrorkommando entführt. Die 87 Menschen an Bord waren schwer bewaffneten Terroristen ausgeliefert, die durch die Entführung eine Freilassung inhaftierter Extremisten erreichen wollten. Ihr Anführer, der sich nur „Captain Martyr Mahmud“ nannte, war besonders brutal und unberechenbar. Immer wieder hatte er cholerische Wutausbrüche, die in Gewalt und Demütigungen gegen die Geiseln endeten. Gegen diesen unbarmherzigen Entführer war nur ein Mann furchtlos genug, sich ihm entgegenzusetzen, es war der Pilot Jürgen Schumann.

Jürgen Schumann war ein ruhiger und besonnener Mensch, der alles für seine Besatzung und die Passagiere tun würde. Er versuchte ständig, den gewaltbereiten Anführer im Auge zu behalten, um die unschuldigen Geiseln vor ihm zu schützen. Plötzlich zerrte man jedoch seinen Copiloten in den Kabinengang und setzte ihm eine Pistole an den Kopf, weil die Entführer dachten, dass er jüdisch sei. Jürgen Schumann reagierte sofort und lief unter Lebensgefahr hinterher, denn auch er begab sich nun offen in die Schusslinie. Im letzten Moment konnte er die Terroristen davon überzeugen, dass sein Copilot nicht jüdisch war und rettete ihm das Leben. Die Situation blieb aber weiterhin sehr angespannt. Jürgen Schumann schaffte es, versteckte Botschaften nach draußen zu übermitteln, aber der misstrauische Anführer erkannte das Vorhaben und drohte beim nächsten Vorfall, den Kapitän sofort zu erschießen. Und dieses nächste Vergehen sollte bald folgen.

Als der Treibstoff zu Ende ging, nahm man Kurs auf die Stadt Aden in Jemen (Vorderasien), aber die damalige Regierung verweigerte der Maschine die Landung und man blockierte alle Landebahnen, weil man mit den Terroristen nichts zu tun haben wollte. In einer beherzten Aktion wurde das Flugzeug dennoch zu Boden gebracht, und man landete auf einem Sandstreifen neben den Landebahnen. Jürgen Schumann erkannte die Chance und überredete den Anführer der Terroristen, ihn aussteigen zu lassen um das Flugzeug auf mögliche Schäden zu kontrollieren. Aber der Kapitän hatte anderes im Sinn, als er nicht mehr in Sicht der Terroristen war, nahm er sofort mit dem jemenitischen Kommandanten Kontakt auf, da das Flugzeug bereits von vielen Soldaten umstellt war.

Jürgen Schumann forderte nachdrücklich, dass sie auf die Forderungen der Geiselnehmer eingehen sollten, damit die Passagiere gerettet werden konnten, zusätzlich forderte er ein Startverbot, da das Flugzeug möglicherweise stärker beschädigt war. Fast zehn Minuten versuchte der Kapitän, den Kommandanten zu überreden, es war jedoch aussichtslos. Man wollte mit den Terroristen nichts zu tun haben, und das Flugzeug sollte sofort wieder starten. Jürgen Schumann erkannte die Hoffnungslosigkeit seines Unterfangens und sollte eigentlich schon längst wieder im Flugzeug sein, aber er teilte dem Kommandanten noch viele wichtige Informationen bezüglich der Entführer mit. Jetzt hatte er die Möglichkeit sich selbst noch in Sicherheit zu bringen oder zum Flugzeug zurückzukehren, was durch seine lange Abwesenheit seinen sicheren Tod bedeuten würde. Jürgen Schumann überlegte kurz und entgegnete abschließend zu dem jemenitischen Kommandanten: „Ich kehre jetzt zurück. Ich bin sicher, sie werden mich umbringen.“

Jürgen Schumann schritt schweren Herzens zurück zum Flugzeug, er dachte an seine Frau und an seine Kinder, die er vermutlich nie wieder sehen würde. Aber er wusste auch, wenn er nicht zurückkehren würde, dass andere Opfer statt ihm sterben würden. An Bord angekommen erwartete ihn bereits ein wütender Terroristenanführer, sofort schlug er den Kapitän nieder und brüllte ihn unaufhörlich an. Jürgen Schumann hatte keine Chance mehr irgendetwas zu sagen und wurde im nächsten Moment von dem Terroristen mit einem Kopfschuss getötet.

Das Flugzeug flog mit seinem Copiloten nun weiter zur nächsten Zwischenstation, wo eine deutsche Spezialeinheit die Geiseln in einer waghalsigen Aktion befreien konnte. Die Entführer wurden getötet, nur ein Terrorist überlebte schwer verletzt. Diese Befreiungsaktion gelang nur durch die Informationen, die der Kapitän Jürgen Schumann vor seinem Tod übermitteln konnte. Alle Passagiere und die Besatzung konnten gerettet werden, ohne ein weiteres Todesopfer zu beklagen.


Jürgen Schumann brachte den Mut auf, freiwillig in den Tod zu gehen, um seine Passagiere nicht in Gefahr zu bringen. Für seine Tapferkeit wurde ihm in späterer Folge das Bundesverdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland verliehen.

Jürgen Schumann starb im Alter von nur 37 Jahren.