Lesezeit: ca. 6 Minuten
Alex Pacheco zeigte bereits in seiner Kindheit großes Interesse an Tieren und wie sie lebten. Als er in späteren Jahren einmal eine Fleischfabrik besuchte, war er von dem schlechten Umgang mit den Tieren so schockiert, dass er beschloss, von nun an aktiv gegen Tierquälerei vorzugehen. Er trat einer kleinen Aktivistengruppe bei, die erst seit kurzem gegründet wurde und sich für den Tierschutz einsetzte. Der Verein, welcher sich PETA („People for the Ethical Treatment of Animals“ – „Menschen für den ethischen Umgang mit Tieren“) nannte, hatte etwa 20 Mitglieder und war voller Tatendrang. Und so bekam auch Alex Pacheco bald seinen ersten Auftrag, er sollte verdeckt in einem Institut für Tierversuche arbeiten und die Lebensbedingungen der Tiere dort prüfen. Was er jedoch an dem Institut in Silver Spring (Maryland, USA) von Dr. Edward Taub zu sehen bekam, war skandalös.
1981 experimentierte dort Dr. Edward Taub mit 17 philippinischen Makaken (großteils Javaneraffen). In diesen Versuchen wurden die sensorischen Nervenstränge im Rückenmark komplett von den motorischen Nerven der Affen getrennt, wodurch diese ihre Arme oder Beine nicht mehr fühlen und auch nicht mehr spüren konnten. Dr. Edward Taub zwang dann die Affen mit verschiedensten Mitteln, die Körperteile, die sie nicht mehr fühlen konnten zu benutzen, er wollte so ein Heilmittel für die Lähmungen bei Menschen finden. Aber die Zustände, wie die Affen dort gequält wurden, waren unfassbar.

Im Normalfall hielten sich Javaneraffen vorwiegend auf Bäumen auf und lebten in großen Gruppen zusammen. Im Labor wurden sie aber einzeln weggesperrt und in sehr kleinen Einzelkäfigen (45 x 45 cm) untergebracht, wo sie überhaupt keine Bewegungsfreiheit und auch keine Beschäftigungsmöglichkeit hatten. Die Käfige standen in einem kleinen und fensterlosen Raum, der ständig hell beleuchtet war. Die Affen fristeten hier ein unwürdiges Leben, zudem mussten sie ständig für verschiedenste Versuche zur Verfügung stehen. Alex Pacheco war schockiert von diesen Umständen und beschloss, Fotos zu machen und Beweise zu sammeln.
Alex Pacheco fotografierte, wie die kaum gereinigten Käfige mit Kot und Urin verdreckt waren. Die Nahrung, wo das Haltbarkeitsdatum schon mehrere Monate abgelaufen war, wurde einfach in die Käfige geschüttet, es gab kein Geschirr, das es den Affen ermöglicht hätte, ihr Essen von den Exkrementen zu trennen. Das Labor war außerdem von Mäusen und Kakerlaken infiziert, in der Kühltruhe fand er neben einem toten Affen, der an Wundbrand gestorben war, Tiermedikamente, welche schon über 10 Jahre abgelaufen waren. Die Wunden der verstörten Affen wurden nicht gereinigt oder verpflegt, durch die grausamen Experimente ragten Knochen aus ihrem Fleisch offen heraus. Ein Affe konnte zum Beispiel beide Arme nicht mehr spüren, er hatte bereits alle seine Finger an der Hand abgekaut und Fleisch vom Handballen geknabbert, bis zu den Knochen. Dr. Edward Taub folterte die Affen mit Elektroschocks, mit Nahrungsmittelentzug oder mit eigenen Haltevorrichtungen, um die Affen zu zwingen, die Körperteile, welche sie nicht mehr fühlen konnten, zu benutzen. Ein Bild sollte später weltweit für Schlagzeilen sorgen, wo ein Affe wie bei einer Kreuzigung in einer dieser speziellen Haltevorrichtungen gequält wurde.

Alex Pacheco: „Mehrere Affen hatten sich die Finger abgebissen. Mit diesen traurigen Resten von Gliedern suchten sie in den faulenden Haufen unter ihnen nach essbaren Resten“
Dr. Edward Taub sah in den Tieren nur Versuchsobjekte für seine Forschungen. Alex Pacheco, der einmal einen Affen als Haustier gehabt hatte, konnte dies nicht verstehen. Affen hatten für ihn eine Persönlichkeit und ein Gemüt. Er verbrachte sehr viel Zeit mit den verwahrlosten Laboraffen und beschloss, als er genug Beweise gesammelt hatte, zur Polizei zu gehen, um die verkrüppelten Affen zu befreien. Als die Polizei die weltweit überhaupt erste Razzia in einem Tierversuchslabor durchführte, waren sie mehr als bestürzt, denn noch nie hatten sie so ein verunreinigtes Labor gesehen. Dr. Edward Taub wurde danach wegen 17-facher Tierquälerei angeklagt.
Alex Pacheco: „Billy war der traurigste. Er hatte zwei verkrüppelte Arme, er war doppelt deafferentiert worden. Weil er seine Arme nicht gebrauchen konnte, konnte er auch nichts tun. Er saß einfach so da und gab unterwürfige Laute von sich – er betete offensichtlich einfach um Gnade“
Es folgte ein mehrjähriger Gerichtsprozess, wo Dr. Edward Taub zunächst schuldig gesprochen, später aber aufgrund einiger Gesetzeslücken wieder freigesprochen wurde. Die juristische Auseinandersetzung um den weiteren Verbleib der Tiere dauerte noch länger an und es war auch der erste Tierschutzfall, der von dem Obersten Gerichtshof der Vereinigten Staaten behandelt wurde. Die Tierrechtsorganisation PETA erhielt in dieser Zeit unglaublichen Zulauf und gewann weltweit innerhalb kürzester Zeit hunderttausende neue Mitglieder. PETA hatte aber mit der Klage keinen Erfolg, dass ihnen die Obhut der Affen übertragen wurde, und so blieben die Affen bei den Gesundheitsinstituten, welche die brutalen Forschungen in jenen Tagen finanziert hatten. Die noch lebenden Silver Spring Affen wurden kurz darauf getötet.
Die schwer misshandelten Affen, die sich für die Wissenschaft opferten, starben aber nicht umsonst. Obwohl ihr Leben von Folter bestimmt war, konnte Dr. Edward Taub durch diese Experimente eine Methode entwickeln, die unter der „Taubschen Theorie“ weltweit Berühmtheit erlangte und die bereits vielen Menschen helfen konnte. Der Ursprung für seine Erfolge durch die brutalen Tierversuche blieb aber oft verschwiegen.
Durch diese Veröffentlichung der Tierquälerei wurden neue und strengere Tierschutzgesetze erlassen und viele meinten, dass durch die Silver Spring Affen die wirkliche Tierrechtsbewegung in den USA geboren wurde.
Bis heute werden viele Tiere in Versuchslaboren für das Wohl des Menschen geopfert. Es gibt Argumente gegen diese Tierversuche, aber auch einige Argumente dafür. Tatsache ist, dass durch Alex Pacheco und der Tierschutzorganisation PETA Alternativmethoden vorangetrieben wurden, um generell auf Tierversuche verzichten zu können, zusätzlich wurden die Grundrechte der Tiere in Versuchslaboren erheblich verbessert. PETA ist heute eine der größten Tierschutzorganisationen der Welt.