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Die Maniokpflanze ist in Afrika Grundnahrungsmittel für Millionen Menschen. Dadurch, dass Maniok sehr anspruchslos ist, gedeiht sie auch auf trockenen Böden und bei sehr hohen Temperaturen. Überall in Afrika findet man diese buschartigen Sträucher, verwendet werden dabei hauptsächlich die Wurzelknollen als Nahrungsquelle. Wenn lange Dürreperioden die Ernten von vielen Bauern bedrohen, bilden Maniokpflanzen aufgrund ihrer Widerstandsfähigkeit oft den letzten Notvorrat, um Hungerkatastrophen abwenden zu können. Viele Jahre waren keine bedrohlichen Maniokschädlinge bekannt, bis plötzlich winzige und behaarte Insekten auftauchten.

unter CC BY-SA 3.0
Schmierläuse bedrohten nun die Maniokpflanzen, welche sich gegen diese Insekten nicht wehren konnten. Bald waren weite Teile von Afrika von dieser Plage betroffen und die Schmierläuse zerstörten unaufhaltsam eines der wichtigsten Nahrungsmittel der Menschen. Die betroffenen Länder versuchten durch massiven Einsatz von Chemie, die Lage in den Griff zu bekommen, jedoch mit geringem Erfolg. Es drohte eine gigantische Umwelt- und Hungerkatastrophe mit folgenschweren Auswirkungen auf ganz Afrika. Ein Mann wollte diese Notlage auf eine ganz andere Art lösen.
Im Alter von 31 Jahren nahm der Schweizer Hans Rudolf Herren während der schlimmsten Zeit dieser Plage seine Arbeit an der international tätigen Forschungseinrichtung „IITA“ in Nigeria auf. Dort kämpften die Forscher schon mehrere Jahre gegen diese Schmierläuse, jedoch ohne wirklichen Erfolg. Hans Rudolf Herren, ein Spezialist auf dem Gebiet der biologischen und natürlichen Schädlingsbekämpfung, beschäftigte von Anfang an eine wesentliche Frage in diesem Fall: Warum blieben die Maniokpflanzen im eigentlichen Ursprungsgebiet Südamerika verschont, während die Schmierlaus in Afrika beinahe alles zerstörte?

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Hans Rudolf Herren machte sich gemeinsam mit einem Forscherteam auf den Weg nach Südamerika, um nach natürlichen Feinden der Schmierlaus zu suchen. Nach monatelanger Suche stieß man in Paraguay tatsächlich auf eine Schlupfwespe, welche die Schmierläuse tötete. Das Forscherteam um Hans Rudolf Herren musste nun untersuchen, ob sich diese Schlupfwespenart in einer möglichen neuen Umgebung nicht unkontrolliert ausbreiteten und eventuell selber zum Schädling werden konnten. Nach intensiver Forschung stellte man aber fest, dass die Schlupfwespe ohne die Schmierlaus gar nicht überleben konnte, so war das natürliche Gleichgewicht auf jeden Fall sichergestellt. Sofort machte sich Hans Rudolf Herren an die Züchtung dieser Schlupfwespen, um sie dann in Afrika ansiedeln zu können.
Hans Rudolf Herren: „Wir mussten ausschließen, dass wir uns mit der Einführung der Schlupfwespe ein neues Problem einhandelten“
Ein spezielles Flugzeug wurde konstruiert, um die Schlupfwespen kontrolliert in den betroffenen Gebieten abwerfen zu können. Millionen gezüchteter Larven kamen nun zum Einsatz, innerhalb weniger Minuten wurden sie über riesige Maniokfelder abgeworfen. Diese Aussetzaktionen wurden konsequent quer über den Kontinent Afrika durchgeführt, Hans Rudolf Herren und das Forscherteam beobachteten in der Folge gespannt, wie sich die Situation mit den Maniokpflanzen, den Schmierläusen und den Schlupfwespen weiterentwickeln würde.
Die Aktion mit den Schlupfwespen funktionierte besser als erwartet und die bedrohlichen Schmierläuse wurden kontinuierlich weniger. Innerhalb weniger Jahre stellte sich ein natürliches Gleichgewicht zwischen Schlupfwespen und Schmierläusen ein und das Problem mit den Maniokpflanzen war für immer gelöst.
Hans Rudolf Herren rettete durch diese einzigartige Aktion schätzungsweise 20 Millionen Menschen in Afrika das Leben. Durch diese biologische und natürliche Schädlingsbekämpfung wurden der Mensch und die Natur verschont, denn dadurch konnte man auf teure und giftige Insektenvernichtungsmittel mit ohnehin wenig Wirkung verzichten. Für seinen unermüdlichen Einsatz wurde Hans Rudolf Herren 1995 mit dem Welternährungspreis ausgezeichnet. Mit dem erhaltenen Preisgeld für den Welternährungspreis gründete Hans Rudolf Herren 1998 die Stiftung „Biovision“, um die Lebenssituation der Menschen in Afrika durch eine nachhaltige Landwirtschaft verbessern zu können.
Hans Rudolf Herren setzt sich entschlossen für die biologische Landwirtschaft ein und tritt gegen die Verwendung giftiger Pestizide auf, er stellt sich dadurch gegen eine mächtige Agrarindustrie. Durch eine umweltschonende Bewirtschaftung wird das Ziel verfolgt, dass alle Menschen und Tiere in einer gesunden Umwelt leben und sich ausreichend ernähren können.
Hans Rudolf Herren: „Nur eine Landwirtschaft, die sich auf die natürliche Bodenfruchtbarkeit stützt, kann die Ernährung der Menschheit dauerhaft sichern. Sie kommt mit einem Minimum an Hilfsstoffen wie Dünger und Pestiziden aus, die sich Kleinbauern der Entwicklungsländer ohnehin nicht leisten können. Zahlreiche Projekte belegen, dass man mit ökologischem Landbau die Erträge steigern kann“