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Bertha wurde am 03. Mai 1849 in Pforzheim (Deutschland) geboren und wuchs in einer wohlhabenden Familie auf. Zu dieser Zeit war es für eine Frau aber fast unmöglich, sich weiterzubilden, dies war vor allem den Männern vorbehalten. Da sie nicht studieren durften, waren Frauen schlechter ausgebildet und hatten in der Gesellschaft eine minderwertige Stellung. Sie waren überwiegend für die Familie und die Kinder zuständig, die Karriere im Berufsleben war den Männern vorherbestimmt. Auch ihr Vater war enttäuscht, dass er keinen Jungen bekommen hatte, welcher sein Geschäft weiterführen konnte, sondern nur ein „Mädchen“ erhalten zu haben. Bertha kränkte diese Denkweise und beschloss, ihren eigenen Weg zu gehen.


Bertha standen alle Möglichkeiten offen, einen adeligen Mann zu heiraten und ein Leben in Wohlstand zu haben. Doch auch hier wäre sie nur das „einfache Mädchen“ gewesen und hätte sich in einer lieblosen Beziehung unterordnen müssen. Bertha wollte davon nichts wissen und traf ihre Entscheidung, als sie zum ersten Mal dem temperamentvollen Carl Benz begegnete. Carl Benz war Maschinenbauingenieur, welcher an einem motorgetriebenen Straßenwagen arbeitete, der sich ohne Pferde fortbewegen sollte. Er erzählte ihr von einer Vision, wie er diesen speziellen Wagen bauen und konstruieren wollte. Ständig war er verschmutzt und ölverschmiert, er hatte kein Geld und konnte auch sonst einer Frau nicht viel bieten. Aber Bertha störte dies nicht, sie war fasziniert von diesem euphorischen Mann und der Leidenschaft, mit welcher er seinen Traum verwirklichen wollte.

Carl Benz und Bertha heirateten am 20. Juli 1872 und zogen in eine kleine Wohnung, welche ein Zubau an eine bescheidene Werkstätte war, wo sich die Arbeitsstätte von Carl Benz befand. Bertha ließ sich ihren Erbteil auszahlen und investierte alles in die Firma ihres Mannes, der zu dieser Zeit bereits kurz vor der Pleite stand. In den folgenden Jahren arbeitete ihr Mann jede freie Minute an seinem Motorwagen, jedoch trieb es die Familie immer wieder an den finanziellen Abgrund. Der verzweifelte Kampf von Carl Benz und seinem motorgetriebenen Straßenwagen war oft von Misserfolgen und Fehlschlägen geprägt, aber es war Bertha, die ihren Mann immer wieder aufbaute und neuen Mut zusprach, nicht aufzugeben. Während Carl Benz in seiner Werkstatt schuftete, musste Bertha ihrem Mann den Rücken freihalten.


Bertha, die bisher nur komfortablen Wohlstand gewohnt war, kümmerte sich um die Kinder und den Haushalt, ohne Hilfe von Dienstboten, und dies mit größter Sparsamkeit. Wenn Carl kein Geld für Werkzeug und Material zur Verfügung hatte, sprang Bertha mit dem wenigen Haushaltsgeld und den Erlös von den letzten Schmuckreserven ein, um ihm auszuhelfen. Gegen den Willen ihrer Eltern und der Skepsis der meisten Freunde unterstützte sie ihren Mann wo sie nur konnte. Es gab oft Hunger und Not, aber Bertha hatte einen starken Willen und hielt die Familie zusammen, auch in den schwierigsten Zeiten. Sie hatte auch technisches Verständnis und stand ihrem Mann immer zur Seite, wenn er wo nicht mehr weiter wusste.

Mit der Zeit stellten sich erste kleine Erfolge mit dem Automobil ein und das Ehepaar Benz machte heimlich die ersten kurzen Fahrten im eigenen Hof. Das primitive dreirädrige Benzinfahrzeug mit einer Höchstgeschwindigkeit von 16 km/h wurde von Carl Benz nun ständig weiterentwickelt und die Reichweite wurde immer besser. Carl und Bertha Benz beschlossen, der Öffentlichkeit voller Stolz den ersten Motorwagen der Welt zu präsentieren. Die Reaktionen waren aber niederschmetternd, Carl Benz wurde für seinen komischen Wagen ausgelacht und nicht ernst genommen. Da zwischendurch immer wieder Pannen auftraten, wurde er auch von den meisten Zeitungen nur verhöhnt und verspottet. Die Behörden erteilten zudem Fahrverbote, da immer wieder Hühner unter die Räder kamen oder Pferde scheuten und Fuhrwerke umkippten, wenn das lautstarke Gefährt auftauchte. So kam es, dass kein Mensch das Automobil kaufen wollte, man ging lieber weiter zu Fuß oder benutzte wie bisher die Kutschen. Es war kaum verwunderlich, dass Carl Benz sehr niedergeschlagen und deprimiert war, so eine Reaktion hätte er sich nach seiner jahrelangen Arbeit nicht vorgestellt. Aber eine tollkühne Frau ließ sich von den negativen Meinungen nicht unterkriegen.


Am 05. August 1888 schnappte sich Bertha Benz heimlich das Automobil ihres Mannes und begab sich gemeinsam mit ihren beiden Söhnen auf eine über 100 Kilometer lange Fahrt. Carl Benz wusste nichts von dieser Aktion, denn er hätte diese gewagte Fahrt mit Sicherheit verboten. Bertha Benz wollte den Leuten beweisen, was dieser Wagen alles konnte, aber das Vorhaben war anstrengend und gefährlich. Es gab keine brauchbaren Straßen, mit den drei zierlichen Rädern ratterte man langsam vorwärts, über Stock und Stein. Da es keinen Gang für steile Berge gab, musste man absteigen und den Wagen schieben, bergab war es sehr riskant, da nur sehr einfache Bremsen vorhanden waren. Aufgetankt wurde zwischendurch mit Ligroin (Leichtbenzin), welches man sich in einer Apotheke besorgen musste, somit wurde die Apotheke zur ersten Tankstelle der Welt. Kühlwasser, welches ständig nachgefüllt werden musste, besorgte man sich von Dorfbrunnen oder aus Wirtshäusern.

Auf dem Land sorgte diese wackelige und laute Konstruktion für Angst und Schrecken. Man warf Steine auf Bertha und ihre Söhne und beschimpfte das Automobil als „Hexenkarren“. Noch nie zuvor hatten die Menschen eine so furchteinflößende Maschine gesehen. Aber Bertha Benz ließ sich von den Leuten nicht einschüchtern und machte sich tapfer weiter auf den Weg. Da sie ein gutes technisches Verständnis hatte, konnte sie kleinere Pannen gut ausmerzen. Zum Beispiel reparierte sie die Zündung mit ihrem Strumpfband, um wieder weiterfahren zu können. Bertha Benz und ihre Söhne überstanden unbeschadet und mit etwas Glück diese abenteuerliche und lange Fahrt, aber sie hatte ihren Zweck erfüllt.


Mit dieser mutigen Spritztour bewies sie nicht nur den Menschen, dass dieser Motorwagen eine große Zukunft hatte, sondern sie gab auch Carl Benz wieder neue Hoffnung, weiter an seinem Automobil zu arbeiten. Durch die Fahrt von Bertha erhielt Carl Benz kurze Zeit später den ersten Führerschein der Welt und der Siegeszug des Automobils war nun nicht mehr aufzuhalten.

Carl Benz war ein Automobilpionier und konstruierte das erste moderne Automobil der Welt. Aber ohne seine willensstarke Frau im Hintergrund hätte er seinen Traum niemals verwirklichen können. In einer Zeit, in der Frauen unterdrückt und als minderwertig angesehen wurden, stellte sich Bertha Benz gegen die Gesellschaft und ging mutig ihren eigenen Weg. Trotz vieler Enttäuschungen und Misserfolge kämpfte sie immer für ihren Mann, damit dieser den Durchbruch schaffen konnte. Als Carl Benz am absoluten Tiefpunkt angekommen war, setzte sie alles auf eine Karte, widersetzte sich dem Fahrverbot der Behörden und unternahm als „Frau“ die erste Fernfahrt überhaupt in einem Automobil. Die spätere Erfolgsgeschichte des Automobils war eine große Genugtuung für Bertha Benz, denn die couragierte Frau bewies, dass man mit Entschlossenheit und Durchhaltevermögen alles im Leben erreichen kann.

Bertha Benz starb am 05. Mai 1944 im Alter von 95 Jahren. Zu Ehren ihrer legendären Fahrt kann man heute die „Bertha Benz Memorial Route“ fahren, welche Bertha Benz damals für die erste automobile Fernfahrt wählte.