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Der Eisschnelllauf ist eine Sportart, welche auf dem Eis und mit Schlittschuhen ausgetragen wird. Der Wettbewerb wird dadurch entschieden, welcher Sportler in den Distanzen die schnellste Zeit erringen kann. Aus diesem Eisschnelllauf bildete sich eine eigene Disziplin heraus, der Shorttrack (Kurzbahn). Der Shorttrack wird auf einer kürzeren Eisbahn ausgetragen, im Gegensatz zum Eisschnelllauf zählt hier nicht die Zeit, sondern nur die Platzierung des Läufers. Die Rennen sind aus diesem Grund sehr spektakulär, durch die engen Kurvenradien sind besonders eislauftechnische Fähigkeiten des Athleten gefragt. Bereits als Jugendlicher zählte der Australier Steven Bradbury zu den talentiertesten Läufern im Shorttrack in seinem Heimatland.

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Steven Bradbury verfolgte ein großes Ziel, er wollte sich den Traum von einer olympischen Medaille als Einzelläufer unbedingt erfüllen. Während er beim Teambewerb schon einige bedeutende Erfolge feiern konnte, blieb ihm dies im Einzelwettkampf jedoch verwehrt. Bei seinem ersten Antreten bei Olympia 1992 in Albertville (Frankreich) im Alter von 18 Jahren war er nur als Reserveläufer dabei. Zwei Jahre später 1994 in Lillehammer (Norwegen) zählte er schon zum Favoritenkreis, er schied aber bereits früh aus. Nach diesen erfolglosen Spielen wollte Steven Bradbury alles dafür tun, um irgendwann eine olympische Medaille erobern zu können. Jeden Tag trainierte er wie ein Besessener und feilte an seinem Lauf, um seine Technik zu verbessern. Er war in bester körperlicher Verfassung, als ein folgenschwerer Unfall passierte.
Bei einem Rennen kam es zu einer Kollision, er stürzte dabei und wurde durch die scharfe Kufe seines Gegners am Oberschenkel aufgeschlitzt. Das Blut floss sofort in Strömen, der schwerverletzte Steven Bradbury versuchte nur noch, gegen die Bewusstlosigkeit anzukämpfen, da er Angst hatte, vielleicht nie wieder aufzuwachen. In einer Notoperation retteten die Ärzte das Leben des Sportlers, welcher bereits vier Liter Blut verloren hatte. Sein Oberschenkelmuskel war aber komplett zerstört und jegliche Muskelstränge abgerissen. Die Wunde wurde mit über 100 Stichen mühsam wieder zusammengenäht.
Steven Bradbury: „Zum Glück war die medizinische Versorgung perfekt. Sonst hätte ich nicht überlebt“
Steven Bradbury musste eine aufwendige Rehabilitation über sich ergehen lassen. Mehrere Wochen konnte er seinen Fuß überhaupt nicht belasten, sein guter körperlicher Zustand war wie weggeblasen. Mit eiserner Disziplin kämpfte er sich jedoch wieder zurück und baute sich Muskel für Muskel durch hartes Training wieder auf. Mit einer unfassbaren Kraftanstrengung schaffte es Steven Bradbury nach über 18 Monaten Leidenszeit, wieder fast zu alter Stärke zurückzufinden und bei den Olympischen Spielen 1998 in Nagano (Japan) teilzunehmen. Hier blieb er jedoch wieder ohne Spitzenplatz, da er mit seinen Konkurrenten in körperlicher Hinsicht aufgrund seiner Verletzung noch nicht mithalten konnte. Kurze Zeit später folgte aber der nächste schwere Schicksalsschlag für Steven Bradbury.

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Nach einem Zusammenstoß mit einem anderen Läufer kam Steven Bradbury zu Sturz und er krachte mit voller Wucht mit dem Kopf voran in die Bande. Er brach sich dabei den 4. und 5. Halswirbel und kam nur mit viel Glück am Rollstuhl vorbei. Zur Stabilisierung seines Rückens wurden ihm Stifte, Schrauben und Platten eingesetzt und die Ärzte gaben ihm sofort den Rat, seine Sportkarriere für immer zu beenden. Aber Steven Bradbury hatte eine große Willensstärke und ließ sich auch von dieser schweren Verletzung nicht unterkriegen. Mit einem außergewöhnlichen Kampfgeist konnte er seinen Körper abermals in Form zu bringen. Er vollbrachte ein echtes Wunder, denn er schaffte es wieder, sich 2002 für die Olympischen Winterspiele in Salt Lake City (USA) zu qualifizieren. Es war seine vielleicht letzte Chance auf eine olympische Medaille.
Als Außenseiter war Steven Bradbury seinen Konkurrenten jedoch klar unterlegen. Bei seinem Viertelfinallauf war er als Dritter eigentlich schon ausgeschieden, kam jedoch weiter, weil der Läufer vor ihm disqualifiziert wurde. Im Halbfinale lag er bereits an letzter Stelle, als vor ihm Athleten stürzten und er als Zweiter mit viel Mühe ins große Finale einziehen konnte. Im Finale wurden Steven Bradbury überhaupt keine Medaillenchancen eingeräumt, und die Experten schienen Recht zu behalten. Alle vier Konkurrenten lagen bereits weit vor Steven Bradbury, welcher weit abgeschlagen an letzter Stelle lag. Die allerletzte Runde war bereits angebrochen und Steven Bradbury gab sein Bestes, aber seine Rivalen waren einfach zu stark und bereits weit voraus. Für kurze Augenblicke dachte er noch an seine schweren Verletzungen, welche ihm höchstwahrscheinlich eine olympische Medaille in seinem Leben gekostet hatten.

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In der letzten Kurve vor dem Ziel passiert jedoch das Unvorstellbare. Ein Läufer aus der Spitzengruppe kam ins Stolpern und riss alle Fahrer einschließlich des Führenden zu Boden. Vier Läufer lagen nun auf dem Eis, jetzt war nur mehr ein Läufer auf den Beinen. Steven Bradbury brauste von hinten heran, überholte die Gestürzten und fuhr als Erster über die Ziellinie. Die Sensation war perfekt, er hatte sich soeben seinen großen Traum erfüllt und tatsächlich die olympische Goldmedaille errungen. Er ging damit in die Geschichte ein als überraschendster Olympiasieger aller Zeiten und erlangte weltweite Berühmtheit.
–> Das Finale mit Steven Bradbury (Quelle: Youtube)
Es gab jedoch auch einige kritische Stimmen zu seiner mit Glück gewonnenen Goldmedaille. Aber Steven Bradbury hatte sie sich wahrhaftig verdient, denn lange Zeit hatte ihm das Schicksal übel mitgespielt. Er gab trotz seiner schweren Verletzungen nie auf, und obwohl andere Läufer mehr Talent hatten als er, verlor er nie seine positive Einstellung. Steven Bradbury wurde durch sein großes Kämpferherz in Australien zum Nationalhelden und löste einen wahren Boom im Wintersport aus. Er wurde zum Vorbild für viele Sportler, immer an sich zu glauben, auch wenn die Situation noch so aussichtslos erschien.
Bis heute gibt es in Australien die Redewendung „doing a Bradbury“ („einen Bradbury machen“). Dies soll bedeuten, niemals aufzugeben, und sich als Außenseiter gegen vermeintlich Stärkere durchzusetzen.
Steven Bradbury: „Ich war mir nicht sicher, ob ich Gold überhaupt verdiene. Nach einigen Minuten war mir klar, ich verdiene sie. Nicht für die 90 Sekunden des Finales. Aber für die 12 Jahre auf dem Weg zu diesem Tag“
Es mal finde ich es total wertvoll einen Blog mit Motivationsgeschichten zu schreiben. Echte eine feine Sachen.
Wuuu da muss ich aufpassen das mir nicht die Tränen kommen wenn er sagt: Ich war mir nicht sicher, ob ich Gold überhaupt verdiene. Nach einigen Minuten war mir klar, ich verdiene sie. Nicht für die 90 Sekunden des Finales. Aber für die 12 Jahre auf dem Weg zu diesem Tag
Danke für diese Geschichte.
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