Du findest hier Gedanken, Informationen und Geschichten aus meinem persönlichen Alltag. Ich liebe positive Anregungen, um tiefer ins Leben einzutauchen und die Seele zu streicheln. Think outside the box!

Die Bergtour

Die Rote Flüh (2.108 Meter) wartet auf uns, es ist die Ruhe vor dem Gipfelsturm. Saftige Blumenwiesen säumen den Weg von mir und meinem Begleiter. Wir sammeln unsere Kräfte, während erste Sonnenstrahlen unsere Nasen kitzeln. Was uns der Berg wohl bringen mag? Die Vorfreude ist groß, von nun an übernimmt die Natur das Zepter. Gekonnt schlängelt sich ein Eichhörnchen um einen Baumstamm, es scheint uns mitzuteilen: „Schön, dass ihr da seid!“ Mich beschleicht das Gefühl, heute etwas Außergewöhnliches zu erleben.

Ich werde aus meinen Gedanken gerissen, als wir auf eine Route abbiegen, die uns steil hinauf auf den Berg bringt. Mit dem Wissen, dass der Gipfel uns an die körperlichen Grenzen bringt, steigt die Anspannung. Ein schmaler Pfad führt uns durch unberührtes, dichtes Waldgebiet. Es ist ein Wechselbad der Gefühle, einerseits die grandiose Natur, andererseits der Kampf mit der eigenen Ausdauer. Alles läuft gut. Die Schuhe sind bequem, der Rucksack sitzt perfekt. Die Bäume schenken uns nicht nur angenehmen Schatten, sondern auch frische Waldluft, die uns Kraft spendet.

Als wir die Baumgrenze überwinden, sehen wir weitläufige, steinige Wiesen und die gewaltige Bergspitze. Was für ein Anblick! Die Zeit scheint sich zu verlangsamen, man spürt die Ruhe und die Energie, die dieser Ort ausstrahlt. Plötzlich hallt ein zischender Pfeifton zwischen den Bergfelsen empor. Wir sind nicht allein. Wieder meldet sich mein Bauchgefühl, dass heute etwas Besonderes auf uns wartet.

Die Aussicht auf dem Gipfel ist unbeschreiblich. Das schöne Wetter ermöglicht uns eine klare Sicht auf die umliegenden Berge und Täler. Man hat das Gefühl, am Höhepunkt angekommen zu sein, weit weg vom stressigen Alltag. Wir genießen jeden Atemzug und machen zum Abschluss das obligatorische Gipfelkreuzfoto. Der Abstieg über die steinigen Felsen erinnert mehr an einen Kletterausflug als an eine Wanderung. Plötzlich hält mein Weggefährte inne und erstarrt. Als ich in seine Richtung blicke, ergeht es mir nicht anders, schlagartig rast mein Puls in die Höhe. Jetzt ist klar, woher der geheimnisvolle Pfeifton gekommen ist. Was für ein magischer Moment!

Nur wenige Meter von uns entfernt befindet sich eine Gams. Majestätisch steht sie auf einem Felsvorsprung und blickt zu uns herüber. Wir mustern uns gegenseitig, die Zeit steht plötzlich still. Ein Glücksgefühl durchströmt meinen Körper, ich spüre die Macht, die von diesem Wesen ausgeht. Obwohl Gämse scheue Tiere sind, bewegt sie sich keinen Millimeter. Sie scheint unseren Respekt zu spüren, den wir ihr entgegenbringen. Nach einigen Minuten marschieren wir langsam weiter. Die Gams weiß, dass sie der Chef ist und wir Menschen nur Gäste auf dem Berg sind. Nach längerem Abstieg schaue ich nochmals hinauf auf den Berg. Die Gams steht immer noch erhaben auf ihrem Platz. Sie beobachtet uns, um nochmals die Grenzen zu klären: „Das ist mein Hoheitsgebiet!“

Als das Tier aus unserem Blickfeld verschwindet, bin ich noch immer fasziniert. Es ist erstaunlich. Ein einziger Augenblick kann unsere Seele zum Strahlen bringen! Ich bin dankbar für diesen kostbaren Moment. Müde und abgekämpft befinden wir uns am Ende der Bergtour. Plötzlich höre ich ein Rascheln. Schon wieder sehe ich ein Eichhörnchen, das freudig einen Baum hinaufklettert. Eine schöne Verabschiedung! Öffnen wir unsere Sinne für die Natur, zeigen sich in den kleinsten Dingen die allergrößten Wunder.

Trotz einer anstrengenden Tour fühle ich mich so lebendig wie selten zuvor. Das Naturreich hat uns Einblick gegeben in eine verborgene Welt, wo sich unsere Seele zu Hause fühlt. Auf dem Heimweg sind wir immer noch überwältigt von den Erlebnissen. Unerwartet beginnen Regentropfen auf die Windschutzscheibe des Autos zu klatschen. Das Wetter hat umgeschlagen und es fängt zu regnen an. Nur wenige Minuten, nachdem wir die Bergtour beendet haben.

Ich muss schmunzeln.

Was für ein großartiger Tag!

Mit traumhaften Grüßen,

Bernhard