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Ein zehnjähriger Junge mit zerrissener Kleidung und abgemagertem Körper irrte allein und hilflos durch die Straßen von Loures, einem Außenbezirk von Lissabon (Portugal). Seine Eltern, die von den Kapverdischen Inseln (Westküste Afrika) ausgewandert waren, hatten ihn einfach ausgesetzt, alleine und ohne irgendeine Hilfe. Sein Rücken schmerzte bereits von den vielen Nächten auf den beinharten Straßen, sein Magen knurrte, weil er schon seit langer Zeit keine vernünftige Nahrung mehr zu sich genommen hatte. In den bitterkalten Nächten wickelte er sich mit eingesammelten Zeitungen ein, um sich ein wenig vor der Kälte zu schützen. Auf den Zeitungen war immer wieder der portugiesische Fußballstar Luis Figo abgebildet, und der Junge wünschte sich nichts sehnlicher, als auch einmal ein großer Fußballer zu werden. Und so konnte er seiner aussichtslosen Situation nur durch Träume entfliehen, er träumte davon Profifußballer zu werden und einmal für die größten Fußballclubs der Welt zu spielen. Doch es fiel ihm schwer in schöne Träume zu versinken, denn der Gestank von den Mülltonnen, neben denen er täglich schlafen musste, war unerträglich.
Der erste Lichtblick ergab sich als er von der Straße aufgegabelt wurde und er einen Platz im Kinderheim Casa do Gaiato bekam. Von nun an bekam er regelmäßige Mahlzeiten, musste nicht mehr in der Kälte frieren, und bekam eine Schulausbildung. Seiner großen Leidenschaft Fußball ging er aber immer nach meistens auf der Straße. In den schlimmsten Vierteln der Stadt musste er sich gegen andere Konkurrenten immer wieder behaupten, und so entwickelte er sich in seiner eigenen Art und Weise. Und so gingen die Jahre dahin, und aus dem kleinen, dürren Jungen wurde ein stattlicher junger Mann. Das Schicksal nahm seinen Lauf, als im April 2009 der Leiter des Heimes, Pater Arsenio, einen Telefonanruf bekam.
Am Apparat war die Wohltätigkeitsorganisation Cais, die noch Spieler für die Obdachlosen-WM suchte. Teilnehmen durften nur Spieler die aktuell oder früher obdachlos waren. Natürlich fiel sofort ein ganz bestimmter Name. Und so durfte der junge Mann nach Bosnien-Herzegowina reisen, um an dem Bewerb mitzuwirken. Das Turnier wurde ein voller Erfolg, als Stürmer schoss er nicht weniger als 40 Tore in sechs Spielen. Nebenbei begeisterte er das Publikum mit einigen Tricks mit dem Ball, die er sich auf der Straße selber beigebracht hatte. Aufgrund seines großen Talentes wurde ein portugiesischer Drittligaverein auf ihn aufmerksam und der junge Mann bekam seinen ersten Vertrag. Doch dieser Fußballclub war fast bankrott, und er bekam sein mickriges Gehalt nur unregelmäßig. Mit dem Geld unterstützte er auch noch das Waisenhaus und Freunde auf der Straße. Doch durch seine große Leidenschaft und sein großes Talent wurde bald das Interesse des portugiesischen Erstligisten Vitoria de Guimaraes geweckt, und der ehemals obdachlose Junge wurde von diesem Verein für knappe 50.000 Euro gekauft und er bekam seinen ersten echten Profivertrag.

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Von nun an war der fußballbegeisterte junge Mann nicht mehr zu halten, mit übergroßer Motivation und unglaublichem Ehrgeiz versuchte er sich in die Profimannschaft zu kämpfen. Und er hatte tatsächlich Erfolg. In sieben Vorbereitungsspielen für die Saison erzielte er nicht weniger als fünf Tore. Plötzlich wurden auch schon Talentespäher von den größten Fußballclubs der Welt auf den bisher völlig unbekannten Fußballer aufmerksam. Nicht einmal 16 Monate nachdem der Leiter des Waisenhauses den Anruf erhalten hatte, dass Spieler für eine Obdachlosen-WM gesucht wurden, geschah etwas Unglaubliches in der Welt des Profisports.
Manchester United, einer der größten Fußballclubs der Welt, glaubte an die Fähigkeiten des Spielers und kaufte das Fußballtalent im August 2010 von seinem gerade unterschriebenen Vertrag bei Vitoria de Guimaraes für unglaubliche neun Millionen Euro heraus und gab ihm einen neuen Fünfjahresvertrag mit einem wahrlich fürstlichen Gehalt. Der Name dieses jungen Mannes ist Tiago Manuel Dias Correia, genannt wird er aber nur „Bebe“. Der plötzliche Wechsel hat den 20-jährigen Bebe sehr erschrocken, er weinte zwei Tage lang weil er sein Zimmer im Heim nicht aufgeben wollte. Doch nun ist Bebe ein Vorbild für unzählige junge Kinder überall auf der ganzen Welt, die sich ebenfalls den Traum vom Fußballprofi erfüllen wollen. Bebe wurde seine Karriere nicht in die Wiege gelegt. Er ging seinen eigenen Weg, spielte bei Manchester United obwohl er in seinem Leben in keiner einzigen Jugendmannschaft gespielt hatte.
Bebe: „Ich bin überglücklich. Ich habe die vielen Nächte noch nicht vergessen, in denen ich auf der Straße schlafen musste. Wenn ich zurückblicke auf das, was passiert ist, dann hört es sich an wie die Sportversion von Aschenputtel. Letztlich waren all die Opfer nicht umsonst, sondern haben sich gelohnt. Ich hatte einen Traum, für einen großen Club zu spielen, und dieser Traum ist tatsächlich wahr geworden“