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Haiti, ein kleiner Inselstaat in der Karibik (Mittelamerika) mit rund neun Millionen Einwohnern. Die soziale Lage des Landes ist schlecht, viele Menschen sind arbeitslos, unterernährt und leben unter der absoluten Armutsgrenze. Die instabile politische Lage mit zahlreichen Unruhen trug außerdem dazu bei, dass der einst reichste Staat Lateinamerikas heute zu den am wenigsten entwickelten Ländern der Welt zählt. Zusätzlich zu dieser ohnehin schon schwierigen Situation ereignete sich am 12. Jänner 2010 eine der verheerendsten Katastrophen in der Geschichte Nord- und Südamerikas. Ein Erdbeben mit der Stärke 7,0 erschütterte nicht nur Haiti, sondern in Gedanken auch die ganze Welt.
Dramatische Szenen spielten sich auf der Karibikinsel ab. Verzweifelte Menschen versuchten mit bloßen Händen, ihre verschütteten Familienangehörigen zu befreien, auf den Straßen lagen schwer verletzte Menschen, Kinder saßen zitternd vor Schmerzen und starr vor Angst auf dem Boden neben ihren toten Eltern. Überall hörte man jammervolle Schreie und Notrufe. Über den Städten hing eine riesige Staubwolke des Todes, ganze Straßenzüge stürzten in Schluchten, rissen Häuser, Autos und Menschen mit sich in die Tiefe. Haiti war in sich zusammengebrochen, es gab keine Notfallpläne der Regierung und keine medizinische Versorgung.
Die internationale Hilfe lief sofort an und überall auf der Welt spendeten Leute Geld, um dem armen Land zu helfen. Aber die Hilfsmaßnahmen wurden erschwert, Korruption und fehlende staatliche Strukturen waren schon vor dem Erdbeben weit verbreitet. Es gab einen Mann, der sofort alle seine Termine und Projekte absagte und auf die Insel flog um den Menschen zu helfen. Sean Penn, ein bekannter amerikanischer Schauspieler und Oscar-Preisträger, nahm die Hilfe selbst in die Hand. Er gründete eine eigene Hilfsorganisation (J/P Haitian Relief Organization) und kümmerte sich vor Ort persönlich um die Organisation. Er baute ein Zeltlager auf einem Golfplatz auf, befestigte eigenhändig schlammige Wege und verteilte Trinkwasser. Dies waren vorab die wichtigsten Tätigkeiten, um den notleidenden Menschen zu helfen.
So verging die Zeit, und die vielen Medien, die am Anfang vor Ort waren und von der Katastrophe berichteten, waren bereits abgereist. Mit den Schlagzeilen waren auch die meisten Hollywood-Stars aus Haiti verschwunden, die sich oft nur kurz blicken ließen. Aber ein Mann war immer noch vor Ort, um den Opfern zu helfen: Sean Penn. Viele Hilfsorganisationen hatten bisher kaum etwas erreicht, Hoffnung gab es nur von wenigen Projekten – wie das des Hollywoodstars. Sein Zeltlager war mittlerweile das größte Lager in Haiti und bot bereits über 50.000 Menschen lebenswürdigere Bedingungen. Er hatte ein Krankenhaus, eine Zahnklinik und eine Röntgenstation errichten lassen, um den Menschen zu helfen. Am Rande des Zeltlagers hatte hat er ein eigenes Zelt, von wo aus er die Hilfsarbeiten überwachte, um jedes Detail kümmerte er sich selbst. Die Haitianer nannten ihn nur den „Retter“, aber kaum einer kannte ihn als Schauspieler, nur die ausländischen Helfer ließen sich gerne mit ihm fotografieren. Aber warum war diese Hilfe so dringend nötig?

Die Lage in Haiti war auch Monate nach dem Erdbeben immer noch dramatisch. Junge Mädchen und Frauen wurden geschlagen und vergewaltigt, wenn sie etwas zu essen oder einen Job haben wollten. Viele Waisenkinder wurden von skrupellosen Menschenhändlern entführt und ins Ausland gebracht. Raub und Plünderungen gehörten zum Alltag, die meisten Menschen wohnten noch immer in Notsiedlungen. Viele Menschen starben noch immer, weil sie keinen Zugang zu sauberem Wasser hatten und keine medizinische Hilfe erhielten. Die Regierung war weiterhin unfähig, das Chaos wieder in den Griff zu bekommen.
Sean Penn hatte Haiti seit der Katastrophe nur selten verlassen. Einmal war er bei einer Anhörung vor dem US-Senat in Washington, bei der es um Unterstützung für Haiti ging. Er schlug Filmangebote aus, um weiter seine Arbeit in Haiti verrichten zu können. Als er in Dubai einen Ehrenpreis erhalten sollte, sagte er diesen Auftritt kurzerhand ab, um sich um seine Mitarbeiter kümmern zu können, denn immer wieder kam es in dem bitterarmen Land zu gewaltsamen Ausschreitungen. Bill Clinton spendete 500.000 Dollar für seine Hilfsorganisation, weil nicht nur die einheimischen Menschen Sean Penn vertrauten, sondern auch internationale Persönlichkeiten.

unter CC BY-SA 3.0
Die Zahl der Toten in Haiti betrug bis zu 300.000, mehr als 1 Millionen Menschen wurden obdachlos, gesamt waren 3 Millionen Menschen direkt von der Katastrophe betroffen.
Für einen Außenstehenden ist ein Menschenleben in Haiti vermutlich nicht viel wert. Für den Betroffenen selbst oder die Familie ist es jedoch das ganze Leben.
Sean Penn lebt nach dem Motto: „Wer ein einziges Leben rettet, rettet die ganze Welt“. Eine bewundernswerte Einstellung, die ihm Respekt und Lob von seinen schärfsten Kritikern einbrachte. Denn er ist nicht nur ein Plappermaul wie viele seiner berühmten Kollegen, sondern er ist ein Macher, der durch seine vorbildhafte Einstellung schon sehr vielen Menschen geholfen hat.
Sean Penn: „Es gibt keine Rückkehr für mich, solange hier mehr Tod als Leben ist“