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Fanny Blankers-Koen wurde am 26. April 1918 in der Nähe von Amsterdam (Niederlande) geboren und wuchs auf einem Bauernhof auf. Schon in jungen Jahren staunte ihr Vater immer wieder über seine talentierte Tochter, die sportlich sehr begabt war und ihre Brüder diesbezüglich klar in den Schatten stellte. Und so schickte sie ihr damaliger Sportlehrer zur Leichtathletik, wo Fanny Blankers-Koen bald sehr erfolgreich war.
Im Alter von 18 Jahren nahm sie an ihren ersten Olympischen Spielen teil. Sie gewann zwar keine Medaille, erreichte aber trotzdem sehr gute Platzierungen. In den folgenden Jahren wurde es sehr ruhig um die talentierte Läuferin, denn aufgrund des Weltkrieges wurden die Olympischen Spiele zwei Mal in Folge abgesagt. Fanny Blankers-Koen heiratete zwischenzeitlich ihren Trainer und bekam zwei Kinder mit ihm. Sie war nun Hausfrau und Mutter, trotzdem versuchte sie nebenbei ihrer großen Leidenschaft nachzugehen. Mit Erfolg, denn 1946 gewann sie bei den Europameisterschaften zwei Goldmedaillen im 80 Meter Hürdenlauf und mit der 4×100-Meter-Staffel.

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Als Fanny Blankers-Koen ankündigte, an den Olympischen Spielen 1948 in London teilnehmen zu wollen, begannen fürchterliche Anfeindungen gegen sie. In der damaligen Zeit grenzte es für viele Menschen an Vernachlässigung, wenn Mütter nicht rund um die Uhr für ihre Kinder da waren. Sie bekam viele böse Briefe von Leuten, die es nicht verstanden, dass Mütter trotz Kindes auch ihre eigenen Interessen verfolgten. Fanny Blankers-Koen war einer regelreichten Hetzkampagne gegen sich ausgesetzt, ein Journalist forderte sogar in einem Artikel, dass sie auf ihre Olympiateilnahme verzichten sollte und sich stattdessen um ihre Familie kümmern sollte, denn schließlich war sie mit ihren 30 Jahren auch schon zu alt, um Erfolg zu haben. Fanny Blankers-Koen trafen diese Anschuldigungen schwer, denn die Menschen sahen nicht, dass sie trotz des Sports eine sehr gute Mutter war und die Kinder die meiste Zeit bei ihr waren. Aber sie hatte einen starken Willen und wollte es allen sogenannten Besserwissern zeigen.
Da sie sich keinen Babysitter leisten konnte, waren ihre beiden Kinder beim Training immer dabei. Während sie ihre Runden lief und fleißig trainierte, spielten die Kinder in der Weitsprunggrube, die aus Sand bestand. Unterstützt wurde Fanny Blankers-Koen ständig von ihrem Mann und Trainer, der immer an ihrer Seite war. Als sie 1948 zu den Olympischen Spielen nach London anreiste, war sie zwar in guter Form, wurde aber immer noch belächelt, da sie schon zweifache Mutter und auch nicht mehr die Jüngste war. Niemand glaubte daran, dass eine einfache Hausfrau mit zwei Kindern erfolgreich sein könnte, aber Fanny Blankers-Koen spornte dies nur umso mehr an, denn sie wollte den Menschen das Gegenteil beweisen.
Die Olympischen Spiele in London sollten zum absoluten Höhepunkt ihrer Karriere werden. Die Hausfrau und Mutter zeigte es allen Kritikern und holte sich gleich in drei Bewerben die Goldmedaille (100 Meter, 200 Meter, 80 Meter Hürden). Im letzten Bewerb, dem Staffel-Finale (4×100-Meter), kam sie beinahe zu spät, da sie in einem Kaufhaus billige Badetücher für ihre Familie entdeckt hatte. Und so stellte sie sich in der Schlange an, obwohl alle bereits auf sie warteten.
Fanny Blankers-Koen: „In einem Kaufhaus hatte ich sehr schöne und dazu noch billige Badetücher entdeckt. Sie müssen wissen, damals nach dem Krieg gab es das alles nicht so einfach. Also stellte ich mich an“
Erst im letzten Moment schaffte sie es doch noch zum Start, aber die niederländische Staffel lag schnell weit zurück. Doch die verschmähte Hausfrau Fanny Blankers-Koen setzte zu einem unglaublichen Schlusssprint an, überholte noch die Führende, und erreichte tatsächlich noch die für sie bereits vierte Goldmedaille. Die Sensation war perfekt, die Zeitungen überschlugen sich mit Meldungen von der zweifachen Mutter und Hausfrau, die vier Goldmedaillen bei Olympia gewinnen konnte. Nach ihrer Rückkehr wurde sie von einer jubelnden Menschenmasse empfangen, mit einem Schlag waren alle Anfeindungen gegen sie vergessen. Am Tag darauf war sie wieder Mutter und Hausfrau, und kümmerte sich liebevoll um ihre Kinder.
Fanny Blankers-Koen gewann noch viele weitere Titel und stellte viele weitere Weltrekorde auf. Sie erhielt den Spitznamen „Die fliegende Hausfrau“ und wurde unter diesem Titel auf der ganzen Welt bekannt. Als sie ihre Karriere beendete, war sie ein absoluter Superstar in der Leichtathletik.
Fanny Blankers-Koen stellte sich im Alleingang gegen die damalige Gesellschaft und bewies, dass entgegen der vorherrschenden Meinung Mütter durchaus erfolgreiche Sportlerinnen sein konnten. Sie gab vielen Frauen und Müttern in den folgenden Jahren den Mut, zu ihren Überzeugungen zu stehen, und wurde so Vorreiterin für den Frauensport auf der ganzen Welt.
Fanny Blankers-Koen starb am 25. Januar 2004 im Alter von 85 Jahren. Vom internationalen Sportverband wurde sie zur „Leichtathletin des Jahrhunderts“ gewählt.

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