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Im Jahr 1979 herrschte Chaos im Iran. Die Islamische Revolution war im Vormarsch, der amtierende iranische Herrscher flüchtete in die USA und ein Kampf um die Macht entbrannte. Der Iran forderte eine sofortige Auslieferung ihres früheren Machthabers, aber die USA legte sich quer, denn eine Auslieferung an den Iran käme für den ehemals Verbündeten einem Todesurteil gleich. Und so kam es, dass etwa 400 wütende iranische Studenten am 04. November 1979 die US-Botschaft in Teheran stürmten und mehr als 50 Geiseln nahmen. Im letzten Moment konnten sich aber sechs amerikanische Staatsbürger in ein Haus eines kanadischen Botschafters retten. Sofort wurden das kanadische und das amerikanische Außenministerium informiert, und es stellte sich nun eine entscheidende Frage: Wie konnte man sie sicher außer Landes bringen, bevor sie von den iranischen Revolutionswächtern aufgespürt werden konnten?

Der amerikanische Geheimdienst (CIA) beauftragte einen ihrer besten Experten für diesen schwierigen Auftrag mit der absolut höchsten Geheimhaltungsstufe. Der Agent Tony Mendez stammte aus ärmlichen Verhältnissen, aber durch sein besonderes Geschick hatte er sich bald einen guten Namen bei der CIA gemacht. Doch nun musste er sechs Zivilisten aus dem gewaltbereiten Iran bringen, die vermutlich schon überall gesucht wurden. Tagelang dachte Tony Mendez nach und tüftelte an dieser speziellen Mission. So entwarf er einen der waghalsigsten Pläne in der Geschichte des Geheimdienstes.


Nachdem der CIA-Direktor und der damalige US-Präsident Jimmy Carter diesen Plan abgesegnet hatten, konnte sich Tony Mendez ans Werk machen. Das kanadische Parlament fasste in einer ersten Geheimsitzung seit dem Zweiten Weltkrieg den Beschluss, dass kanadische Pässe an die Amerikaner vergeben werden sollten, um sie dann aus dem Iran fliegen zu können. Kanada war nicht der Hauptfeind des Irans und galt als harmlos, und diesen Zustand wollte Tony Mendez ausnutzen.

Als nächsten Schritt traf sich der Spion mit einem Maskenbildner aus Hollywood und gründete zum Schein eine Film-Produktionsfirma. Ein altes Science-Fiction Drehbuch wurde ausgegraben, die komplizierte Geschichte, die viele Wüstenszenen und die ausgefallenen Kostüme passten perfekt für den Plan von Tony Mendez. Visitenkarten, Zeitungsartikel, Filmposter, Briefpapier mit dem Firmenlogo und viele weitere kleine Details wurden täuschend echt hergestellt. Kurz darauf machte sich Tony Mendez, getarnt als Produzent dieser Filmfirma, auf den Weg in die gefährliche iranische Hauptstadt Teheran, um sich offiziell nach geeigneten Drehorten umzusehen. Der unechte Film sollte „Argo“ heißen.


Es war eine der heikelsten Missionen in der Geschichte der CIA. Die Kluft zwischen dem Iran und den USA war sehr tief, zudem stellte sich der Iran hinter die Geiselnehmer und befürwortete weiter die Gefangennahme der amerikanischen Geiseln. Es lag jetzt alles an Tony Mendez, seine Landsleute sicher nach Hause zu bringen. Wenn seine Tarnung aufflog, wäre dies vermutlich sein Todesurteil gewesen. Ein amerikanischer Spion im Land des Feindes, eine gefährlichere Situation konnte es wohl kaum geben. Tony Mendez bewies aber unglaublichen Mut und zog im Iran eine unfassbare Show ab.

Sofort nach seiner Ankunft rannte er zu allen möglichen Behörden und spielte den schrulligen und wunderlichen Hollywood-Produzenten. Er teilte gefälschte Visitenkarten aus und zeigte jedem Gesprächspartner voller Stolz sein Drehbuch. Zwischendurch besichtigte er Drehplätze und tat sonst alles, damit seine Tarnung nicht auffliegen konnte. Am Abend schlich sich Tony Mendez aus seinem Hotel zum Versteck der Flüchtlinge, um sie auf die Flucht vorzubereiten. Auch hier überließ er nichts dem Zufall. Jeder musste eine spezielle Rolle einnehmen, und diese Rolle musste jeden Tag eingeübt werden. Eine junge Frau wurde zur „Argo“ Drehbuchautorin, sie bekam eine Schreibmaschine und musste, obwohl Nichtraucherin, jetzt Kette rauchen. Zusätzlich gab es nun einen Regisseur, einen Kameramann und eine Set-Designerin. Kurze Zeit später war alles vorbereitet, und der gefährlichste Moment der ganzen Mission war gekommen.

Foto von Eduard Marmet
unter CC BY-SA 3.0

Am Flughafen in Teheran herrschte Chaos, viele Menschen wollten das Land aufgrund der Unruhen verlassen. Die Iranische Revolutionsgarde patrouillierte am Flughafen und durchsuchte wahllos die Reisenden, die alle möglichst unauffällig auszusehen versuchten. Plötzlich tauchte aber diese lebhafte und chaotische Gruppe auf, die genau das Gegenteil verkörperte und sofort im Mittelpunkt stand. Es war die Hollywood-Truppe von Tony Mendez, die wirklich wie ein echtes Filmteam auftrat. Jeder spielte seine Rolle so gut wie er nur konnte, aber nur ein kleiner Fehler konnte für die Gruppe fatale Folgen haben.

Plötzlich bauten sich auch schon die Revolutionswächter vor ihnen auf, es durfte jetzt nicht den geringsten Fehltritt geben. Unter größter nervlicher Anspannung musste die Tarnung aufrecht bleiben, Tony Mendez hatte seine Begleiter aber sehr gut vorbereitet. Sofort erzählten sie von Hollywood und ihrem Film „Argo“. Sie machten es so gut, dass keiner der Iraner Verdacht schöpfte und man das harmlos wirkende Filmteam tatsächlich passieren ließ. Kurze Zeit später hatte der Spion seine Aufgabe erfüllt und brachte alle sechs Amerikaner wohlbehütet wieder zurück. Den anderen Geiseln, die noch immer in Gefangenschaft waren, erging es nicht so gut, sie mussten insgesamt über ein Jahr im Iran unter schlechtesten Bedingungen verbringen.

Tony Mendez wurde nach dieser erfolgreichen Aktion zu einer Legende. Kein Hollywood-Drehbuchautor hätte sich eine bessere Geschichte für einen Spionagefilm ausdenken können, die Tony Mendez im Iran erledigte. Es war seinem extremen Mut und seinem unfassbaren Plan zu verdanken, dass sechs unschuldige Menschen in Sicherheit gebracht werden konnten.