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Samia Yusuf Omar wurde am 25. März 1991 in Somalia (Staat im Osten von Afrika) geboren. Sie wuchs als älteste von sechs Geschwistern in sehr ärmlichen Verhältnissen auf. Somalia gehört zu den am wenigsten entwickelten Ländern der Welt, Mangelernährung und Infektionskrankheiten aufgrund fehlender medizinischer Versorgung sind weit verbreitet. Der Großteil der Menschen lebt von der Landwirtschaft, viele haben aber keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser. Hitze und Dürreperioden haben ständig zur Folge, dass Millionen Menschen auf humanitäre Hilfe angewiesen sind, um fürchterliche Hungerkatastrophen abzuwenden. Zusätzlich kommen die unsichere politische Lage und ständige Kriege hinzu, denn weite Teile des Landes werden von verschiedenen radikal-islamischen Gruppen, Kriegsherren oder Piraten kontrolliert, da es keine anerkannte nationale Regierung gibt.
Inmitten schwerwiegender Menschenrechtsverstöße und drastischer Kriegsverbrechen versuchte Samia Yusuf Omar das Beste aus ihrem Leben zu machen. Ihr Vater kam bereits im somalischen Bürgerkrieg ums Leben, und sie lebte nun mit ihrer Mutter, welche Früchte und Gemüse auf der Straße verkaufte, und ihren Geschwistern in einer kleinen Wohnung. Sie liebte den Sport und sah in ihm auch einen Ausweg aus der Armut. Sie begann auf zerbombten Straßen zu laufen und sich körperlich in Form zu bringen, ihr besonderes Ziel waren die Olympischen Spiele. Aber bald erhielt sie Todesdrohungen und wurde mit Waffen bedroht, radikale Islamistengruppen wollten sie dazu zwingen, ihren Sport aufzugeben und ihren Körper zu verhüllen, denn Frauen, die Sport betrieben, wurden besonders verachtet und nicht geduldet. Aber die zierliche Frau ließ sich davon nicht beeindrucken und kämpfte weiter für eine erfolgreiche Karriere.
Samia Yusuf Omar: „Ich renne gegen den Hass in meinem Land und um meiner Familie zu helfen“
Am 08. August 2008 hatte sie in Peking (Hauptstadt von China) ihren vorläufigen Höhepunkt erreicht. Im Alter von nur 17 Jahren marschierte sie als einzige Sportlerin aus Somalia bei den Olympischen Spielen als Fahnenträgerin ein. Samia Yusuf Omar war unglaublich stolz, ihre Fahne vor der ganzen Welt und vor 91.000 Besuchern im chinesischen Stadion präsentieren zu dürfen. Für ein paar Augenblicke konnte sie die furchtbaren Zustände in ihrer Heimat vergessen, die schmächtige Läuferin lächelte entspannt und strahlte über das ganze Gesicht. Im Vorlauf über den 200-Meter-Lauf belegte sie zwar nur den mit Abstand letzten Platz, sie wurde aber trotzdem begeistert von den Zuschauern angefeuert. Noch nie hatte sie so glückliche Momente in ihrem Leben erfahren dürfen und sie beschloss, weiter an ihrer Karriere als Läuferin zu arbeiten.
Wieder trainierte sie unter schwierigsten Bedingungen in ihrem Heimatland, wieder unter Bedrohungen der radikalen Islamistengruppen, die keine Frauen im Sport akzeptieren konnten. Samia Yusuf Omar wollte nun an den Olympischen Spielen 2012 in London teilnehmen, aber aufgrund der gefährlichen politischen Lage war nicht klar, ob Somalia überhaupt Athleten nach London schicken würde. Für Samia Yusuf Omar war aber klar, dass sie unbedingt wieder teilnehmen wollte und beschloss, mit eigenen Mitteln nach London zu reisen. Ein Ticket für eine Flugreise konnte sie sich nicht leisten, darum beschloss sie, den Seeweg zu benutzen. Eifrig wurde Geld gesammelt und die Mutter verkaufte sogar ein kleines Grundstück, um ihrer Tochter zu helfen. Samia Yusuf Omar war voller Hoffnung, als sie in das kleine Fischerboot stieg. Sie träumte von einem besseren Leben für sich und ihre Familie, für diesen Traum würde sie alles versuchen.

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Das kleine Fischerboot startete in Libyen (Afrika) auf den Weg nach Europa, es sollte aber nie dort ankommen. Das untaugliche Boot, welches oft auch von vielen Flüchtlingen benutzt wurde, versank kurze Zeit später in den heftigen Wellen des Mittelmeeres. Samia Yusuf Omar und die anderen Insassen hatten keine Chance zu überleben, sie ertranken irgendwo in der Nähe der Insel Malta.
Samia Yusuf Omar bezahlte für ihren olympischen Traum mit ihrem Leben. Sie hatte keine wirkliche Chance, da sie in einem Land geboren wurde, wo Krieg herrschte und wo sie keine Zukunftsaussichten hatte. Trotz allem gab sie nicht auf und hoffte durch den Sport auf ein besseres Leben.
Samia Yusuf Omar wurde nur 21 Jahre alt. Ihr Leichnam wurde nie gefunden, genauso wie von den anderen tausenden afrikanischen Menschen, die ebenfalls auf ein besseres Leben hofften und nun irgendwo auf dem Meeresgrund liegen.