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Somaly Mam wurde 1970 in Kambodscha (Staat in Südostasien) geboren und wuchs in sehr bescheidenen Verhältnissen auf. Kambodscha, durch einen jahrelangen Bürgerkrieg eines der ärmsten Länder der Welt, hatte viel Schönes zu bieten. Lange Sandstrände, unberührte Inseln, alte kulturelle Traditionen und zahlreiche Tempelanlagen waren nur einige Dinge, die man in Kambodscha bewundern konnte. Aber es gab auch eine dunkle Seite dieses Landes, und Somaly Mam machte schon sehr früh Bekanntschaft damit. Bereits als kleines Mädchen wurde sie wie viele andere junge Frauen von ihrer Familie an einen alten Mann verkauft, der sie wie eine Sklavin hielt. Sie musste Wasser holen, Wäsche waschen, stundenlang Reis ernten und Fische fangen. Es war ein menschenunwürdiges Leben, Somaly Mam wurde misshandelt und geschlagen, auch vor sexuellen Übergriffen konnte sie sich nicht wehren. Aber es sollte alles noch viel schlimmer kommen.
Somaly Mam: „In Kambodscha haben die Frauen nicht das Recht, nein zu sagen. Sie müssen ihr ganzes Leben opfern“
Im Alter von 15 Jahren wurde sie an ein Bordell weiterverkauft, wo sie von nun an zur Prostitution gezwungen wurde. Somaly Mam versuchte sich zu wehren, aber der Wille von ihr wurde bald gebrochen, sie wurde mehrfach vergewaltigt und immer wieder geschlagen. Fluchtversuche von ihr waren erfolglos, man bestrafte sie sofort und sperrte sie in einen kleinen Käfig mit Schlangen weg. Junge Mädchen wurden unbarmherzig gefoltert, wenn sie sich ihren Kunden verweigerten, sie wurden wie Tiere angekettet oder mit Elektrokabeln geschlagen. Die Körper der Kinderprostituierten waren oft so erschöpft und geschunden, dass sie ihre Dienste einfach nicht mehr anbieten konnten. Zur Strafe wurden sie erschossen.
Somaly Mam: „Die Leute lachen über Prostitution, aber ich sah viele grausige Dinge“
Somaly Mam fügte sich ihrem Schicksal, es gab kein Entkommen für sie in dieser grausamen Welt. Sie hatte nicht einmal einen Zufluchtsort, wo sie sich hätte aufhalten können. Mehrfach wollte sie ihrem jungen Leben ein Ende bereiten, denn die ständigen Qualen, Tag und Nacht rücksichtslosen Freiern zur Verfügung zu stehen, waren unfassbar. Eines Tages traf sie jedoch auf einen Franzosen, der sich in Somaly Mam verliebte. Er half ihr, aus dieser Hölle zu entkommen und nach Frankreich zu fliehen. Die jahrelangen Vergewaltigungen, die Gewalt und die Demütigungen waren nun vorbei, doch die seelischen Qualen würden für immer bleiben. Das eigene Leben hatte für Somaly Mam bisher keine Bedeutung, aber nun hatte sie einen neuen Sinn in ihrem Leben gefunden, denn es musste einen Grund geben, warum sie diese schreckliche Leidenszeit überlebt hatte.
Somaly Mam gründete im Alter von 26 Jahren die Hilfsorganisation „AFESIP“, die sich gegen Kinderprostitution und gegen den Menschenhandel in Asien einsetzte. Ihre neue Organisation wuchs schnell und wurde bald international bekannt. In verschiedensten Ländern der Welt wurden Büros eröffnet, um Kindern und Frauen wieder ein normales Leben zu ermöglichen, die schon der Prostitution verfallen waren.

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Aber mit „AFESIP“ hatte sich Somaly Mam einen fast unschlagbaren Gegner geschaffen, denn die Sexmafia war mächtig und überall zu finden. Somaly Mam ließ sich aber nicht einschüchtern, sie schimpfte öffentlich über Politiker und einflussreiche Persönlichkeiten, welche in Korruption und Prostitution verwickelt waren. Somaly Mam erhielt Morddrohungen und konnte nur noch mit Bodyguards unterwegs sein. Ihre Haupteinrichtung in Kambodscha wurde immer wieder zur Zielscheibe von Überfällen und musste geschützt werden. Aber Somaly Mam war stark, sie kämpfte weiter für ihr Ziel, hilflosen Mädchen und Frauen zu helfen, trotz der vielen Einschüchterungsversuche.
Somaly Mam: „Jeden Tag, wenn ich die Opfer sehe, die vergewaltigt wurden, muss ich mit all meiner Kraft kämpfen. Und ich höre niemals auf“
Durch den engagierten Kampf von Somaly Mam wurden bereits tausende Mädchen von der Zwangsprostitution befreit. Aber es war ein fast aussichtsloser Einsatz, denn der Sextourismus florierte und Somaly Mam musste sich zusätzlich gegen korrupte Polizisten und Beamte durchsetzen. Obwohl der Polizei bekannt war, wo Kinder zur Prostitution gezwungen wurden, unternahm sie nichts. Somaly Mam musste die Polizei mit Geld bestechen, damit sie überhaupt erst tätig wurde. Und oft halfen eindeutige Beweismittel nichts, denn bestechliche Richter sabotierten wieder die Aufklärung und schuldige Personen wurden einfach wieder freigesprochen.
Somaly Mam erhielt für ihre humanitäre Arbeit und ihren unermüdlichen Kampf schon zahlreiche Auszeichnungen. Sie wurde vom spanischen Kronprinz geehrt und trug bei der Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele 2006 in Italien die Olympische Flagge. Im Jahr 2009 wählte sie das Time Magazin unter die 100 einflussreichsten Menschen des Jahres.
Somaly Mam stieg aus der tiefsten Hölle, in der sie bereits als junges Mädchen gefangen war, wieder empor. Durch ihre internationale Aufklärungsarbeit machte sie die Menschen darauf aufmerksam, dass noch immer schreckliche Dinge in ihrem Land passierten. Somaly Mam war die erste Frau in Kambodscha, die sich öffentlich traute, gegen Kinderprostitution, Menschenhandel und Korruption zu kämpfen. Trotz Morddrohungen schrieb sie ihre Geschichte auf und brachte ein unglaubliches Buch heraus, welches viele Menschen auf der ganzen Welt schockierte.
Somaly Mam: „Die kleinen Mädchen im Zentrum sind glücklich. Sie sind das Beste in meinem Leben. Die Jüngste ist drei Jahre alt. Auch sie wurde sexuell missbraucht“