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Im Alter von 19 Jahren genoss Ines Kiefer das Leben in vollen Zügen. Sie liebte es zu tanzen oder ausgiebige Spaziergänge mit dem Hund zu unternehmen. Sie träumte auch davon, vielleicht eines Tages als Model arbeiten zu können. Eines Tages wurde bei einem Arztbesuch zwischen ihren Rippen zufällig ein Gewächs entdeckt, und man entschloss sich, dieses operativ zu entfernen. Es war eine relativ harmlose Operation, welche die Ärzte bei der jungen Frau durchzuführen hatten. Als die Mediziner Ines Kiefer die Narkose verabreichten, waren sie noch voller Zuversicht.
Die Operation verlief jedoch nicht nach Plan. Nach einer Kernspintomographie stellten die Ärzte zudem innere Blutungen fest. Es begann nun ein Wettlauf gegen die Zeit, denn man musste diese Blutungen sofort stoppen, oder Ines Kiefer würde sterben. In einer Notoperation schafften es die Mediziner, das Leben der jungen Frau zu retten. Als Ines Kiefer aus der Narkose erwachte, fiel ihr jedoch auf, dass sie ihre Beine nicht mehr spürte. Die Ärzte mussten ihr mitteilen, dass das Blut auf das Rückenmark gedrückt hatte und sie jetzt für immer querschnittsgelähmt bleiben würde. Auf die Frage, wie so etwas passieren konnte, gab es keine aufklärende Antwort vom Krankenhaus. Für Ines Kiefer würde dies auch nichts mehr ändern, denn sie musste nun mit diesem schweren Schicksalsschlag irgendwie fertig werden.
In der Rehaklinik erkannte Ines Kiefer, dass es andere Patienten gab, welche noch viel schlimmer von einer Lähmung betroffen waren als sie. Von nun an beschloss sie zu kämpfen und sich von ihrer Behinderung nicht unterkriegen zu lassen. Sie eignete sich an, mit dem Rollstuhl zu fahren und enge Passagen zu meistern. Ines Kiefer musste auch lernen, mit schwierigen Situationen umzugehen, denn nun war sie oft auf die Hilfe von anderen Menschen angewiesen. Wenn keine Aufzüge oder Rampen vorhanden waren, hatte sie keine Chance, in ein Gebäude zu kommen, da es nicht barrierefrei gebaut wurde. Außerdem waren zugeparkte Behindertenparkplätze Alltag, obwohl sie diese Parkplätze dringend benötigte. Aber Ines Kiefer kämpfte weiter und lernte die Veränderungen in ihrem Leben zu akzeptieren, auch wenn nicht alles leicht umzusetzen war.
Ines Kiefer: „Mit der richtigen Einstellung machen viele Herausforderungen erst recht große Freude“
Ines Kiefer eroberte sich mit ihrer positiven Denkweise Stück für Stück von ihrem früheren Leben wieder zurück. Sie gründete eine Familie, bekam zwei Kinder und begann auch in einem Bürojob zu arbeiten. Trotz des Rollstuhles brachte sie als berufstätige Mutter das Familienleben bestens unter Kontrolle und setzte sich immer wieder neue Ziele. Eines Tages entdeckte sie zufällig eine Anzeige im Internet, wo Frauen im Rollstuhl für einen Modelwettbewerb gesucht wurden. Ines Kiefer dachte an ihren früheren Traum zurück, einmal als Model tätig zu sein und bewarb sich spontan für diese Veranstaltung.
Ines Kiefer: „Ich hatte richtig Lust, mein Selbstbewusstsein wieder aufzubauen“
Ines Kiefer gewann überraschend unter mehr als 200 Kandidatinnen ein Fotoshooting für ein großes Kosmetikunternehmen. Sie war sehr glücklich über diesen Preis und begann nun, das Modeln als neues Hobby auszuüben. Die Modelaufträge erfüllten Ines Kiefer mit Stolz und sie waren eine perfekte Abwechslung zu ihrem Alltagsleben. Während sie sich vermutlich ohne ihre Behinderung niemals als echtes Model engagiert hätte, gelang ihr nun mit dem Rollstuhl der ganz große Durchbruch.
Ines Kiefer schaffte es, ihren plötzlichen Schicksalsschlag erfolgreich zu meistern. Sie ließ sich trotz ihrer Behinderung niemals unterkriegen und suchte sich ständig neue Herausforderungen. Durch den Rollstuhl blieben ihr zwar einige Möglichkeiten verwehrt, gleichzeitig öffneten sich ihr aber andere Türen. Mit ihrer bemerkenswerten Lebensfreude verstand sie es, diese neuen Chancen zu ergreifen und ihre Träume und Ziele in die Tat umzusetzen. Ines Kiefer wurde dadurch zum Vorbild für viele behinderte Menschen auf der ganzen Welt.
Ines Kiefer: „Rollstuhlfahrer sind Menschen mit ganz normalen Wünschen und Bedürfnissen. Und so möchten wir auch behandelt werden“