Lesezeit: ca. 5 Minuten

Bethany Hamilton war von klein auf eine begeisterte Wellenreiterin und hatte nur das Ziel, irgendwann eine berühmte Profi-Surferin zu werden. Ihre Eltern unterstützten sie dabei, und in Hawaii hatte Bethany immer beste Trainingsbedingungen. Bereits im Alter von fünf Jahren gewann das talentierte Mädchen ihren ersten Wettbewerb, und weitere Erfolge stellten sich bald ein. Sie war auf dem besten Wege, eine der besten Surferinnen der Welt zu werden. Bis zu jenem schicksalhaften Tag am 31. Oktober 2003, wo sie als Dreizehnjährige mit Freunden vor der Küste von Kauai, der nördlichsten der hawaiianischen Inseln, unterwegs war.

Am frühen Morgen paddelte sie mit rhythmischen Bewegungen hinaus auf den Ozean, um eine Trainingseinheit zu absolvieren. In diesen Gewässern gab es viele Tigerhaie, die jedoch relativ ungefährlich für die vielen Surfer waren. Trotzdem kam es immer wieder zu Zwischenfällen, denn aus der Tiefe gesehen war das Surfboard für einen Hai nur schwer von einer Robbe oder einer Wasserschildkröte zu unterscheiden, die Beutetiere des Haies waren. Bethany Hamilton dachte sich auch nichts dabei, denn statistisch gesehen gab es dort weniger als einen Unfall pro Jahr mit einem Hai. Aber dies sollte ein fataler Trugschluss sein. Ein fast fünf Meter großer Tigerhai erblickte Bethany Hamilton mit ihrem Surfboard, und das Tier sollte schon bald seinen natürlichen Instinkten folgen.

Ohne jegliche Vorwarnung schoss der Tigerhai durch die Wasseroberfläche und riss der jungen Nachwuchssurferin den linken Arm direkt unterhalb der Schulter ab. So schnell wie der Hai gekommen war, tauchte er auch schon mit seiner Beute wieder unter. Die nächsten Sekunden waren nun entscheidend für das Überleben des jungen Mädchens, welches schwer unter Schock stand. Geistesgegenwärtig brachten ihre Freunde sie zurück an den Strand und banden mit einem Knöchelband, welches sich am Surfboard befand, sofort ihren Armstumpf ab. Als Bethany Hamilton ins Krankenhaus kam, hatte sie bereits über 60 Prozent ihres Blutes verloren, die Ärzte kämpften um ihr Leben. Und mit viel Glück blieb sie am Leben, aber wie sollte es nun weitergehen mit ihr?

Bethany Hamilton: „Mein Arm hing gerade im Wasser, als plötzlich der Hai auftauchte. Ich sah undeutlich etwas Graues, das mich hin und her zerrte. Dann tauchte es unter, und das Wasser war rot“

Bethany Hamilton war am Boden zerstört. Als ihr zum ersten Mal der Verband abgenommen wurde, kamen dem jungen Mädchen die Tränen, als sie sah, wieviel wirklich noch von ihrem Arm übrig geblieben war. Von einem auf den anderen Tag wurde sie aus ihrem Leben gerissen, hatte nur mehr einen Arm und konnte sich wohl ihre Karriere als Surferin abschminken. Die ersten Sponsorverträge waren nichts mehr wert und sie hatte keinen Plan, wie sie ihr Leben wieder in den Griff bekommen könnte. Eines der größten Nachwuchstalente der Surferszene musste sich bereits in jungen Jahren über einen neuen Lebensentwurf Gedanken machen. Aber Bethany Hamilton war eine Kämpfernatur wie man es selten im Leben findet. Ihre Leidenschaft für das Surfen war so groß, dass sie bereits wenige Tage nach dem Unfall wieder vom Surfen sprach. Sie wollte ihren Traum, einmal eine berühmte Profi-Surferin zu werden, nicht so einfach aufgeben.


Nur drei Wochen nach dem Unfall begann sie wieder mit ihrem Vater auf dem Wasser zu trainieren. Sie benutzte dabei ein längeres und breiteres Surfboard, um ihr das Paddeln zu erleichtern. Der linke Fuß musste dabei den linken Arm ersetzen, und immer wieder verlor sie dabei das Gleichgewicht bei der Aufstehbewegung. Zahlreiche Misserfolge musste sie einstecken, immer und immer wieder wurde sie von dem Surfboard abgeworfen. Aber mit viel Mühe und mit extremem Ehrgeiz schaffte sie es Schritt für Schritt, das Gleichgewicht mit nur einem Arm zu halten. Und mit der Zeit wechselte sie sogar wieder zurück auf das kleinere und unruhigere Profiboard, welches viel schwieriger zu bewältigen war.

Bethany Hamilton: „Ich habe mir vorgestellt, wenn Leute mit einer Hand Liegestützen machen, dann kann ich bestimmt auch mit einer Hand auf einem Brett stehen. Man beugt sich nur nicht immer wieder nach unten, sondern hält sich aufrecht“

Heute ist Bethany Hamilton tatsächlich eine Profi-Surferin, sie hat sich ihren großen Traum verwirklicht. Mit verblüffender Selbstverständlichkeit taucht sie durch die Wellen, trotz ihres fehlenden Armes mit einer unglaublichen Eleganz. Sie trotzte ihrem Schicksal und zeigte es allen Skeptikern, die es nicht für möglich hielten, mit nur einem Arm auf so hohem Niveau zu surfen.

2004 erhielt sie den ESPY-Award für das beste Sportler-Comeback des Jahres und einen Sonderpreis für ihren Mut. Sie schrieb ihre Geschichte in dem Buch „Soul Surfer“ nieder, und dieses Buch war auch Vorlage für die Filmindustrie, die ihre bewegende Geschichte verfilmte.

Bethany Hamilton: „Ich liebe das Surfen zu sehr, als dass ich hätte aufhören können. Meine Geschichte soll die Leute auf der ganzen Welt dazu inspirieren, dass sie sich ihren Herausforderungen stellen“