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Bosheiten, Hänseleien und Erniedrigungen gehören für viele leidgeplagte Kinder zum Alltag. Die Welt der Kinder untereinander ist oft hart und gnadenlos, schon die kleinsten Verschiedenheiten können zu Mobbing und Ausgrenzung führen. Zurück bleiben ängstliche Kinder mit einem niedrigen Selbstwertgefühl, welche sozial ausgegrenzt und mit der Zeit immer unglücklicher werden. Wie würden nun andere Kinder reagieren, wenn ein Junge plötzlich einen Rock im Kindergarten anziehen würde?

Im Alter von fünf Jahren entwickelte der Sohn von Nils Pickert eine besondere Eigenheit, denn er begann, mit Vorliebe Kleider oder Röcke zu tragen. Die anderen Kinder zeigten Unverständnis und lachten den Sohn von Nils Pickert aus. Der kleine Junge reagierte traurig auf diese Verhöhnungen und wurde schnell zum Außenseiter im Kindergarten, welcher keine Freunde hatte. Wochenlang traute er sich nicht mehr, Röcke anzuziehen, obwohl er es gerne getan hätte. Eines Tages bat der unglückliche Junge seinen Vater, Nils Pickert, um Hilfe. Während viele Eltern mit dieser Situation überfordert wären, traf Nils Pickert eine außergewöhnliche Entscheidung, um seinem Sohn zu helfen.

Nils Pickert: „Vater sein heißt, sich in all seiner Liebe und Fehlbarkeit seinen Kindern zu erkennen zu geben, die man in die Welt gesetzt hat und die Verantwortung zu übernehmen, bis sie sie selbst tragen können“

Nils Pickert beschloss, sich ebenfalls einen langen Rock anzuziehen. Gemeinsam veranstalteten sie nun „Rocktage“, wo sie zusammen einen Rock in der Öffentlichkeit anzogen. Die Courage des Vaters wurde tatsächlich belohnt, denn die verdutzten Menschen starrten nun nur mehr den Vater im Rock an, während sein Sohn weitgehend von den Blicken verschont blieb. Auch die Verspottungen im Kindergarten hörten bald auf, denn als die anderen Kinder den Vater im Rock erblickten, kamen sie aus dem Staunen gar nicht mehr heraus. Mit der Zeit akzeptierten sie die sogenannten „Rocktage“ des Vaters und des Sohnes und grenzten den Sohn von Nils Pickert nicht mehr aus.

Nils Pickert: „Ich kann von einem Kind nicht das gleiche Durchsetzungsvermögen erwarten wie von einem Erwachsenen. Das Vorbild bin ich“

Die Geschichte von Nils Pickert und seinem Sohn im Rock verbreitete sich sehr schnell und hatte heftige Reaktionen zur Folge. Während viele Menschen den Vater für seine Tat unterstützten und etliche positive Zusprüche meldeten, gab es auch zahlreiche abschätzige Meinungen. Eine Welle von Hass, Beleidigung und Unverständnis überrollte Nils Pickert, welcher sehr überrascht war aufgrund des großen Interesses. Aber er hielt durch und stand weiterhin felsenfest hinter seinem Sohn.

Nils Pickert: „Kinder sind Menschen, zu denen man die tiefste Beziehung überhaupt entwickeln kann“

Nils Pickert war mutig genug, sich einen Rock anzuziehen, um seinem Sohn zu helfen. Obwohl er wusste, dass es vielen Menschen nicht passen würde, stellte er sich gegen die stark von traditionellen Rollenklischees beeinflusste Gesellschaft, wo viele Kinder in ihrer individuellen Entwicklung eingeschränkt sind. Egal wie man zu dieser Geschichte steht, übrig geblieben ist ein glücklicher kleiner Junge, welcher seinen Vater über alles liebt und sich traut so zu sein, wie er es wirklich will.

Nils Pickert: „Ich wollte meinem Sohn nicht sagen müssen, er dürfe keine Röcke tragen. Warum auch?“

Foto von Linda Hosek