Lesezeit: ca. 4 Minuten
Der 26-jährige Philippe Croizon plante mit seiner schwangeren Frau und seinem kleinen Sohn einen großen Umzug, da die derzeitige Wohnung einfach zu klein für die junge Familie geworden war. Zu diesem Zweck wollte er die Fernsehantenne auf dem Dach abmontieren, als plötzlich ein schrecklicher Unfall passierte. Philippe Croizon geriet bei dieser Arbeit in eine Hochspannungsleitung und erhielt einen folgenschweren Stromschlag. 20.000 Volt schossen durch seinen Körper und verletzten den jungen Familienvater schwer. Normalerweise hatte man keine Chance, so einen gigantischen Stromschlag zu überleben, aber die Ärzte kämpften um das Leben von Philippe Croizon.

unter CC BY 3.0
Wie durch ein Wunder überlebte Philippe Croizon diesen Elektrounfall, jedoch hatte er schwere Verbrennungen erlitten und die Ärzte waren gezwungen, nach und nach seine Gliedmaßen zu amputieren. Seine beiden Arme und sein rechtes Bein waren bereits operativ entfernt worden, nun musste auch noch sein linkes Bein abgenommen werden. Philippe Croizon war jetzt schlagartig gezwungen, sein Leben ohne Arme und Beine zu bestreiten, und dies machte ihm schwer zu schaffen. Er konnte sich kein sinnvolles Leben mehr vorstellen und ließ sich gehen, in der Hoffnung, dass der Tod ihn bald holen würde.
Philippe Croizon: „Ich wollte sterben“
Eines Tages sah er eine Dokumentation im Fernsehen, wo eine Frau trotz größter Beschwerlichkeit den Ärmelkanal (zwischen Großbritannien und Frankreich) durchschwamm. Philippe Croizon begann neue Hoffnung zu schöpfen, denn nun hatte er ein unfassbares Ziel vor Augen. Er wollte ungeachtet seiner Behinderung diese kilometerlange Überquerung ebenfalls wagen. Die Lebensgeister kehrten langsam zurück und die Familie war froh, dass Philippe Croizon wieder einen Sinn im Leben fand und sich nicht aufgab. Er begann ein intensives Training, um sein Fett in Muskeln zu verwandeln, denn vor seinem Unfall konnte er nicht einmal zwei Längen in einem Schwimmbecken schwimmen. Spezielle Prothesen mit Schwimmflossen wurden angefertigt, um Philippe Croizon das Schwimmen zu ermöglichen. Doch die ersten Schwimmversuche endeten in einem Desaster, ohne Ausdauer und mit den befremdlichen Prothesen schien das Vorhaben hoffnungslos zu sein.
Philippe Croizon: „Es war eine Qual. Der Anfang war eine Katastrophe“
Philippe Croizon wollte sich durch diese Rückschläge aber nicht unterkriegen lassen. Er trainierte bis zu fünf Stunden am Tag, um seine Fitness zu verbessern und seinen Schwimmstil mit den Prothesen zu perfektionieren. Nach zwei Jahren unermüdlichem Einsatz hatte er es endlich geschafft, Philippe Croizon war bereit für sein großes Abenteuer, den unberechenbaren Ärmelkanal zu durchschwimmen. Viele gut trainierte Schwimmer scheiterten bereits an diesem Vorhaben, Philippe Croizon wollte es ohne Arme und Beine vollbringen.

unter CC BY-SA 2.0
Philippe Croizon kämpfte gegen starke Strömungen, gegen das Wetter und gegen stürmische Winde. Durch die niedrige Wassertemperatur konnte außerdem ständig eine Unterkühlung drohen, begleitet wurde er nur von einem kleinen Betreuerboot. Am 18. September 2010 und nach über 13 Stunden hartem Kampf hatte er aber sein großes Ziel erreicht. Philippe Croizon durchschwamm als erster Mann ohne Gliedmaßen den berüchtigten Ärmelkanal.
Philippe Croizon: „Das ist ein Traum für mich. Ich hatte zwar am ganzen Körper Schmerzen, aber ich zweifelte keinen Moment daran, dass ich es schaffe“
Philippe Croizon schwamm danach weiter und brach überall auf der Welt zahlreiche Rekorde. Er zeigte mit seiner bewundernswerten Einstellung, wozu ein Mensch ohne Arme und Beine fähig war und welche Leistungen man tatsächlich vollbringen konnte. Obwohl er nie ein begnadeter Schwimmer gewesen war, holte er dies trotz Behinderung mit großem Kampfgeist nach und entwickelte sich so zu einem der außergewöhnlichsten Leistungssportler auf der Welt.
Philippe Croizon: „Alles ist möglich, wenn man den Willen hat, über sich hinauszuwachsen“